Auftakt im Prozess um die Ermordung von Arzu Ö.: Eine Schwester des Opfers beschuldigt einen der Brüder, von Streit und Schüssen ist die Rede.

Detmold. Ein halbes Jahr nach der Entführung und Ermordung der jungen Kurdin Arzu Ö. aus Detmold hat am Montag vor dem Landgericht der Prozess gegen fünf ihrer Geschwister begonnen. Drei von ihnen wirft die Staatsanwaltschaft den Mord vor, alle fünf sind außerdem wegen Geiselnahme angeklagt.

Die vier Brüder und eine Schwester im Alter zwischen 21 und 27 Jahren sollen die 18-jährige Arzu am 1. November vergangenen Jahres aus der Wohnung ihres Freundes entführt haben. Die Leiche wurde Mitte Januar bei Hamburg gefunden . Zum Auftakt des Prozesses beschuldigte die angeklagte Schwester von Arzu einen ihrer Brüder schwer. Der 22-jährige Osman habe sich heftig mit Arzu gestritten, dann habe sie zwei Schüsse gehört, sagte die 27-jährige Sirin. Arzu wurde den Ermittlungen zufolge mit Schüssen in den Kopf getötet.

Die Anklage nennt als Tatmotiv, dass die jesidische Familie die Beziehung Arzus zu einem Deutschen nicht akzeptierte. In der Glaubensgemeinschaft sind Ehen mit Andersgläubigen nach strenger Auslegung verboten. In der Anklageschrift ist von einer Tötung mit „ehrbezogenen Motiven“ die Rede. Derartige niedrige Beweggründe seien nach den in Deutschland geltenden Maßstäben und den hier herrschenden sittlichen und rechtliche Auffassungen besonders verachtenswert.

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Zunächst sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Das Gericht in Detmold (Nordrhein-Westfalen) hat 30 Zeugen geladen. Der Vater des Opfers ist nicht darunter. Er gilt zwar als Beschuldigter, das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt. Dazu kommen mehrere Sachverständige: Rechtsmediziner aus Lübeck und Münster, ein Psychiater, der sich zur Schuldfähigkeit der Angeklagten äußern soll sowie ein Jesiden-Experte der Universität Freiburg.

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Menschenrechtsvereine gegen sogenannte "Ehrenmorde". Vertreter von Terre des Femmes und Peri forderten gerechte Strafen. Es dürfe keinen „Kulturbonus“ für "Ehrenmorde" geben. (dpa)