Der Sohn und sein bester Kumpel töteten Vater, Mutter und zwei Schwestern. Über ihr Motiv schweigen die beiden Täter.

Ulm. Noch im vergangenen Jahr pilgerte Andreas H. (18) friedlich auf dem Jakobsweg von den Pyrenäen bis nach Santiago de Compostela. In der Nacht zu Karfreitag soll er gemeinsam mit seinem 19 Jahre alten Schulfreund Frederik B. (19) seine gesamte Familie in Eislingen (Baden-Württemberg) kaltblütig ausgelöscht haben.

"Wir waren das zusammen", gestand Frederik bei seiner Vernehmung und hat damit seinen "besten Freund" schwer belastet. "Der schweigt nach wie vor", sagte Oberstaatsanwalt Christof Lehr am Freitag in Ulm. Mit diesem Geständnis ist traurige Gewissheit geworden, was viele schon vermutet hatten. Der Vierfachmord war ein Familiendrama. Eine "Tat im Stillen", nannte sie Lehr. Kein Nachbar bemerkte etwas von der Bluttat.

Denn vermutlich streckten die Täter ihre wehrlosen Opfer mit Schalldämpfern nieder - sie feuerten 32 Schüsse aus zwei Pistolen ab. Die Schalldämpfer fand die Polizei gemeinsam mit den Tatwaffen und 31 Patronenhülsen in einem Versteck im Wald - der 19-Jährige hatte es zuvor den Beamten verraten. In einem Müllsack lagerten weitere Waffen und Kleidungsstücke. Bei den Tatwaffen handelt es sich um Kleinkaliberpistolen der Marken Hämmerli und Ruger. Sie waren bei einem Einbruch in die Schützengilde Eislingen im vergangenen Oktober mit 14 weiteren Waffen gestohlen worden. Dort war Andreas bis zuletzt Mitglied, Frederik war bereits ausgetreten. Ein weiteres Waffendepot fanden die Beamten auf dem Dachboden des Todeshauses.

Bei der Suche nach einem Motiv tappt die Polizei im Dunkeln. Der Oberstaatsanwalt: "Erst muss geklärt werden, was passiert ist." Danach würden sich die Ermittler um das Warum kümmern. Auch ist noch nicht klar, ob die Tat von langer Hand geplant gewesen sei. Einzig in den Tatverlauf konnten die Ermittler etwas Licht bringen: Nach Polizeiangaben verlassen Andreas' Eltern, Heilpraktiker Hansjürgen H. (57) und seine Frau Ilse (55), eine Lehrerin, am Gründonnerstag um 21 Uhr ihre Wohnung, um sich mit Freunden in einer nahe gelegenen Gaststätte zu treffen. Zeitgleich brechen auch die Männer aus der Wohnung der Eltern des 19-Jährigen auf. Armin Reutter, Chef der Sonderkommission: "Wir gehen davon aus, dass sie sich auf den Weg zur elterlichen Wohnung des 18-Jährigen machten." Dort schauen die beiden Schwestern Annemarie (22) und Christine (24) im Dachgeschoss gerade vom Bett aus Fernsehen, als die Täter das Feuer eröffnen. Neun Kugeln treffen die 24-Jährige, mit zehn Kugeln wird die 22-Jährige getötet. Der Fernseher läuft weiter - bis am nächsten Tag die Polizei eintrifft.

Gegen 23 Uhr, so Frederik B. in seinem Geständnis, geht er mit Andreas H. in die Gaststätte, die beiden setzen sich an den Tisch zu dessen Eltern, plaudern friedlich. Die Eltern ahnen nicht, dass ihre beiden Töchter tot sind - umgebracht vom eigenen Sohn. Nach einer halben Stunde verlassen Frederik und Andreas das Lokal wieder und kehren an den Tatort zurück. Dort warten sie auf die Eltern des 18-Jährigen. Gegen 0.30 Uhr machen sich Hansjürgen und Ilse H. auf den Heimweg. Kurz nachdem Vater und Mutter die Wohnung betreten haben, schießen die Täter. Acht Kugeln töten den Vater, drei die Mutter.

Erst an Karfreitag um 10.42 Uhr alarmiert Andreas H. nach Angaben der Staatsanwaltschaft "völlig aufgelöst" die Polizei. Er und sein Freund geraten jedoch schnell unter Verdacht. "Es gab keine Einbruchsspuren, die Lage der Opfer wies nicht darauf hin, dass sie überrascht wurden, und an beiden jungen Männern wurden Schmauchspuren entdeckt", sagte ein Polizeisprecher. "Die Tat musste von jemandem aus dem Nahbereich begangen worden sein."

Der Antrag von Andreas H., an der Beerdigung seiner Familie an diesem Sonnabend teilnehmen zu dürfen, wurde abgelehnt.