Mit einem Sieg gegen Bochum könnte Michael Frontzeck heute den erfolgreichsten Trainereinstand des FC St. Pauli feiern.

Hamburg. Innenverteidiger Sören Gonther wird nach seiner erneuten Kreuzbandverletzung frühestens im kommenden Jahr wieder mitmischen können, Florian Bruns fällt wegen einer Prellung der Wirbelsäule mehrere Wochen aus, Lennart Thy hat sich nach langer Rehabilitation erst gerade wieder ins Mannschaftstraining zurückgearbeitet. Und für die jüngsten Hiobsbotschaften im Krankenhaus Millerntor sorgten nun Kapitän Fabian Boll und Innenverteidiger Florian Mohr. Die beiden Leistungsträger werden das heutige Heimspiel des FC St. Pauli gegen den VfL Bochum (20.15 Uhr/Sport1 und im Liveticker auf abendblatt.de) wegen muskulärer Probleme ebenfalls verpassen, mit Dennis Daube fehlt nach Bruns und Boll eine weitere Alternative für das defensive Mittelfeld wegen eines grippalen Infekts.

Angesichts der neuerlich stark angespannten Personalsituation muss die für heute geplante kurze Trainingseinheit am Morgen beinahe schon als Veranstaltung mit erhöhtem Risikofaktor eingestuft werden, wie auch Michael Frontzeck findet: "Ich hoffe, dass da nichts mehr passiert. Wir sind an Schmitz-Backes noch nicht vorbei", bemühte der Trainer ein Sprichwort aus seiner rheinländischen Heimat, das die Vorläufigkeit der aktuellen Situation beschreibt, und klopfte sich mit den Fingerknöcheln auf sein blank rasiertes Haupt. Nein, das Glück hat der 48-Jährige in seinen fünf Wochen bei den Hamburgern bislang sicher nicht überstrapaziert. Insofern ist er derartigen Kummer gewohnt. "Bislang ist die Mannschaft mit den ganzen Verletzungen und Krankheiten immer gut umgegangen, hat die Ausfälle kompensieren können. Deshalb soll es auch kein Lamentieren geben", so Frontzeck, der Mittelfeldspieler Marcel Andrijanic am Sonntag das 0:7 der U23 beim Regionalligatabellenführer Hannover 96 II ersparte und sich vorbehält, auch noch einen Abwehrmann aus dem eigenen Nachwuchsbereich für den Profikader heute Abend zu nominieren: "Egal, wer alles fehlt: Wir werden eine Mannschaft auf dem Platz haben, die Bochum schlagen kann."

Vorbehaltlich weiterer kurzfristiger Ausfälle, rückt Christopher Avevor wieder ins Abwehrzentrum, Jan-Philipp Kalla ersetzt ihn auf der rechten Außenbahn, und im defensiven Mittelfeld wird - wie im Spiel beim SC Paderborn - Patrick Funk neben Florian Kringe auflaufen. "Das hatte beim 1:1 ja bereits ganz gut funktioniert", findet nicht nur Kringe, "Funky nimmt vom Naturell her eher den defensiveren Part ein. Er schafft mir die Freiheit, mich noch mehr nach vorne einzuschalten, weil er hinten einfach alles abräumt."

Auch in der Mannschaft haben sie sich längst an die unfreiwilligen Personalrochaden gewöhnt, St. Pauli sieht den neuerlichen Wechselspielchen relativ gelassen entgegen. Wohl auch deshalb, weil eine andere Serie nicht minder konstant Bestand hat: Seit vier Ligaspielen sind die Hamburger ungeschlagen, gewannen zuletzt zweimal in Folge. Frontzecks Startbilanz mit Remis (1:1 in Paderborn) und Sieg (2:0 bei 1860 München) auswärts sowie dem 3:2-Heimerfolg gegen Dresden ist beachtlich. "Bis auf 30 Minuten gegen Dresden haben wir es immer gut geschafft, in der Ordnung zu sein. Und wir werden auch gegen Bochum weiter hart arbeiten, damit wir in dem positiven Lauf drinbleiben", so Frontzeck.

Sollte gegen den Tabellen-14. am so gut wie ausverkauften Millerntor tatsächlich der erhoffte dritte Sieg in Folge glücken, wäre die Gunst der Stunde genutzt. Keine Mannschaft aus der unteren Tabellenhälfte hatte am Wochenende gewinnen können, das Punktepolster auf die Abstiegsränge würde auf acht Punkte anwachsen, St. Pauli wäre nach dem schwachen Saisonstart vorerst wieder im Mittelfeld angekommen.

Und Frontzeck selbst könnte Außergewöhnliches schaffen, nach bislang sieben Punkten und 6:3 Toren den besten Einstand aller St.-Pauli-Trainer im Profibereich seit Einführung der Zweiten Bundesliga vor 38 Jahren perfekt machen. Mit dann zehn Punkten aus vier Partien würde er zumindest an Michael Lorkowski, Willi Reimann und Helmut Schulte vorbeiziehen, bei einem Sieg mit zwei Toren Unterschied sogar noch Gerhard Kleppinger und Amtsvorgänger André Schubert einholen. Immer vorausgesetzt allerdings, er kommt heute Morgen auch an Schmitz-Backes vorbei ...

Voraussichtliche Aufstellungen

St. Pauli: Tschauner - Kalla, Avevor, Thorandt, Schachten - Kringe, Funk - Schindler, Buchtmann, Bartels - Ginczek.

Schiedsrichter: Christian Dingert (Thallichtenberg).

Bochum: Heerwagen - Rothenbach, Acquistapace, Maltritz, Chaftar - Kramer, Goretzka - Iashvili, Tasaka - Dedic, Engelbrecht.