Beim letzten Heimspiel des Jahres bleiben wohl viele Sitzplätze in der Arena leer. Es ist die Premiere für Hoffenheims Trainer Frank Kramer.

Hamburg. Die Ausgangslage ist klar: An diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) ein Sieg gegen den Tabellen-16. aus Hoffenheim - und der HSV würde zumindest über Nacht auf Platz fünf oder sechs vorrücken. Doch schon zu oft haben die Hamburger in jüngster Vergangenheit solche Chancen liegen gelassen, als dass die drei Punkte im Hinterkopf schon verbucht werden könnten. Trainer Thorsten Fink weiß um die schwankenden Auftritte seiner Mannschaft und ordnet den derzeitigen Tabellenplatz neun auch als realistischen Leistungsnachweis ein. Doch auch er wäre bitter enttäuscht, würden sich seine Schützlinge diese Möglichkeit, auf einen europäischen Rang vorzurücken, erneut nehmen lassen.

Die Mannschaft wird weiter im offensiven 4-4-2-System mit einer Mittelfeldraute agieren. Die umkämpfte Position des Linksverteidigers soll Zhi Gin Lam einnehmen, Dennis Aogo bleibt im linken Mittelfeld. Tolgay Arslan, der nach seiner Gelbsperre ins offensive Mittelfeld zurückkehrt, ist guter Dinge: "Es läuft deutlich besser als am Anfang der Saison. Noch vier Punkte aus den letzten beiden Spielen, und wir können von einer erfolgreichen Hinrunde sprechen."

Das würde auch den HSV-Fans gefallen, die nach der Partie gegen Hoffenheim bis zum ersten Heimspiel der Rückrunde am 27. Januar gegen Werder Bremen einen langen Bundesliga-Entzug vor sich haben. Dennoch drohen gegen die Kraichgauer wieder viele Plätze in der Imtech-Arena leer zu bleiben. Bis gestern waren erst 46.000 Karten verkauft. Schon gegen Schalke kamen kaum mehr Anhänger, der Schnitt wird sich zur Winterpause somit bei etwa 52.600 einpendeln. An sich kein schlechter Wert, zumal der HSV nur mit einem Schnitt von 52.000 Zuschauern kalkuliert hat. Doch im Laufe der letzten Jahre ist ein deutlicher Abwärtstrend erkennbar. 2006/07 war bei einem Schnitt von 56.000 Zuschauern fast jedes Spiel ausverkauft. Und in der Rückrunde ist nur gegen Bremen von einem vollen Haus auszugehen. "Hoffenheim bringt vielleicht 250 Fans mit, zudem ist die Anstoßzeit und das Wetter für einen Stadionbesuch nicht optimal", erklärt HSV-Boss Carl Jarchow die schleppende Nachfrage. Auch die Fangruppierung "Realos" hat auf Facebook bereits die Diskussion angestoßen, ob der Zuschauerschwund nur eine vorübergehende Erscheinung ist oder schon bedrohliche Ausmaße annimmt.

Dem Gegner dürfte das egal sein - die TSG 1899 hat ganz andere Probleme. Der Abstieg droht, die Mannschaft wirkt verunsichert. Nach einem Rückstand ließ sie oft die Köpfe hängen, bei Standardsituationen stellten sich die Kicker mitunter dilettantisch an. Trainer Markus Babbel wurde entlassen, gegen den HSV sitzt erstmals der bisherige U23-Trainer Frank Kramer auf der Bank. Als erste Amtshandlung begnadigte er den früheren Nationalspieler Tobias Weis, der von Babbel suspendiert wurde. Auch sonst gilt der ehemalige Gymnasiallehrer und Universitätsdozent als umgänglich und bei den Spielern beliebt. Doch Chancen auf einen dauerhaften Aufstieg zum Cheftrainer hat Kramer kaum. Denn die Ausbildung zum Fußballlehrer in Hennef, von der der 40-Jährige für die nächsten Wochen freigestellt ist, steht einem dauerhaften Engagement als Cheftrainer im Weg. Selbst wenn er in den kommenden Partien erfolgreich sein sollte, kann sich der Klub im Abstiegskampf wohl keinen Trainer leisten, der nicht ständig vor Ort ist. Marco Kurz gilt derzeit als Favorit auf Kramers Nachfolge im Winter.

Bis dahin muss es jedoch der Bundesliganeuling richten, der nicht recht weiß, was er vom HSV halten soll. "Einerseits könnte man sagen: Schön, dass Rafael van der Vaart aufgrund seiner Verletzung nicht spielt. Andererseits sind die anderen Spieler in der Offensive auch sehr beweglich. Der HSV ist momentan unberechenbar", sagte der gebürtige Memminger. Kramer hält den Bundesliga-Dino für ein Team, das ganz viele Dinge spielerisch lösen kann. "Das ist eine große Stärke und vielleicht auch eine ganz kleine Schwäche."

Fink kennt seinen neuen Kollegen kaum, geht aber nicht davon aus, dass Hoffenheim durch den Trainerwechsel ein gänzlich neues Gesicht bekommen wird. "Gerade von der Taktik her glaube ich nicht, dass sich viel ändern wird. Wir werden uns nicht überraschen lassen." Bleibt zu hoffen, dass die HSV-Profis zumindest ihre Fans mit einer bisher nicht gekannten Konstanz überraschen und den dritten Heimsieg in Folge einfahren. Denn im Kampf um Europa werden sie auch wieder in Scharen ins Stadion strömen.