Ascona. Am Morgen vor dem Spiel erfuhr er es. Bundestrainer Joachim Löw nahm Torsten Frings beiseite und sagte ihm, dass er im Halbfinale erst einmal auf der Ersatzbank Platz nehmen müsse. Das Risiko wegen des Rippenbruchs war zu groß. Frings war geknickt, konnte seine Enttäuschung nicht verbergen und brauchte einige Minuten mit sich allein, um diese Botschaft zu verkraften. Was dann geschah, verdient höchste Bewunderung. Frings ging auf das Hotelzimmer von Löw, suchte das Vier-Augen-Gespräch und stimmte dem Bundestrainer zu: "Es ist okay, dass ich nicht spiele, auch wenn es schwer ist, das zu ertragen. Ich bin aber vielleicht erst bei 90 oder 95 Prozent. Wenn ich später eingewechselt werde, kann ich der Mannschaft wahrscheinlich viel besser helfen."

Der Bremer muss wohl hellseherische Fähigkeiten haben, denn genau so kam es. Frings löste zur zweiten Halbzeit Simon Rolfes ab und half der Mannschaft in entscheidenden Szenen. Anschließend gab es großes Lob von Löw: "Dass Torsten zu mir kam, war ganz stark von ihm und zeigt seinen Charakter. Und es zeigt auch, was für ein guter Führungsspieler er ist. Das finde ich klasse."

Zumal Frings auch während der zweiten Halbzeit Schmerzen an der gebrochenen Rippe verspürte. "Es tat manchmal schon noch weh, aber das war auszuhalten. Ein bisschen Schmerzen muss man auch mal ignorieren." Immer wieder fasste sich der Bremer an die Stelle, wo sein Schutzverband (über der Rippenpartie) saß. Seine Erklärung: "Man schwitzt ja stark, und dann verrutscht der Schutz immer einmal. Aber das ist alles okay, und über diesen Schutz muss man auch weiter kein großes Theater machen."

Vielleicht hätte Torsten Frings die Kraft für 90 Minuten gehabt, vielleicht auch nicht. Er akzeptierte aber die Begründung der Verantwortlichen: "Die Trainer und die Mediziner haben mir gesagt, dass eine solche Verletzung ja auch gefährlich sei. Ich hätte mich, da bin ich ehrlich, auch nicht aufgestellt, aber jetzt habe ich eine Halbzeit gespielt und habe ein gutes Spiel gemacht. Ich denke, ich habe den Test bestanden." Den Test für das Finale am Sonntag? Ist er in Wien von Beginn an dabei? Frings: "Davon gehe ich schwer aus. Der Trainer hat immer gesagt, dass ich spiele, wenn ich fit bin - und bis zum Finale werde ich bei 100 Prozent sein, ich habe bis dahin doch noch drei Tage Zeit, um zu arbeiten."

Dass seine Mannschaft ohne ihn nicht zur Form fand, dass die Türken besser waren, das hatte auch Torsten Frings auf der Ersatzbank gesehen: "Wir sind nicht ins Spiel gekommen, das passiert eben mal. Man nimmt sich viel vor, aber die Türken haben anders gespielt, man hatte die defensiver erwartet. Aber wir haben zurückgeschlagen, die Moral ist in Ordnung bei uns."

Dann fuhr er zum Schluss noch mal die Krallen aus, als er die Medienvertreter anfauchte: "Warum fragt ihr immer, warum wir so schlecht spielten? Ihr macht immer alles so negativ. Freut euch doch einfach mal, dass wir im Finale stehen. Es ist mir scheißegal, wie wir gespielt haben oder ob wir gut gespielt haben, wir stehen im Finale. Da können wir von mir aus noch einmal so spielen, so lange wir den Pott haben. Es gewinnt nicht immer die Mannschaft, die den schönsten Fußball spielt, das sieht man ja: Portugal ist schon zu Hause, die Niederländer auch."