“Wir haben wieder den Geist der WM“, sagt Luca Toni. Doch gegen Spanien fehlen zwei Schlüsselspieler.

"Wir haben wieder den Geist der WM", sagt Luca Toni. Doch gegen Spanien fehlen zwei Schlüsselspieler.

Luca Toni drückte seine Teamkollegen der Reihe nach an die Brust, Roberto Donadoni konnte sich vor Umarmungen kaum retten und Antonio Cassano hatte nach der Party mit den Fans nur noch seine Unterhosen am Leib: Fußballweltmeister Italien feierte nach dem 2:0 (1:0) in der Neuauflage des WM-Finals gegen Frankreich in der "Todesgruppe" C ausgelassen seine sportliche Wiederauferstehung und hat sich vor dem EM-Viertelfinale am Sonntag in Wien (20.45 Uhr/ZDF) gegen Spanien den Status eines Titelkandidaten zurückerkämpft.

"Wir sind wieder da - und wir haben wieder den Geist der WM", sagte Bundesliga-Torschützenkönig Toni vom deutschen Meister Bayern München im Anschluss an den Erfolg, der Coach Donadoni vorerst den Arbeitsplatz sicherte. Allerdings wäre der Sieg 709 Tage nach dem WM-Endspiel von Berlin ohne das gleichzeitige 2:0 der Niederländer gegen Rumänien nichts wert gewesen. Nur so schob sich die schwach ins Turnier gestartete Squadra Azzurra auf den zweiten Platz, verhinderte das erstmalige Vorrunden-Aus eines amtierenden Weltmeisters und schickte den WM-Zweiten nach Hause.

Der Dank der heimischen Presse galt deshalb nicht nur Mannschaft und Trainer, sondern auch dem B-Team von Bondscoach Marco van Basten. "Applaus für das professionelle Verhalten van Bastens und seiner Spieler. Applaus für Energie, Herz und Stolz der Azzurri", schrieb der "Corriere dello Sport".

Doch bei allen Feierlichkeiten rund um den hochverdienten Sieg, den Andrea Pirlo mit einem verwandelten Elfmeter nach einem Foul an Toni (25.) und Daniele de Rossi (62.) mit einem abgefälschten Freistoß (62.) sicherten, war es ausgerechnet der umstrittene Donadoni, der nachdenkliche Töne anschlug und den Erfolg einem kranken Kind in der Heimat widmete. "Wir haben einen Brief von einem Jungen bekommen, dem eine Bluttransfusion bevorsteht. Er wollte, dass wir gewinnen, damit es ihm besser geht", erklärte der Coach, dessen Vertragsverlängerung bis 2010 nur beim Einzug ins Halbfinale in Kraft tritt: "Ich habe den Jungs davon erzählt, denn sie sollten mal aus ihrem goldenen Käfig schauen. Die Spieler waren berührt, und sie haben alles getan, um den Jungen glücklich zu machen." Der Chefcoach gab zudem preis, dass er bei einem EM-K.-o. zurückgetreten wäre: "Ich hätte bei einer Niederlage ein bestimmtes Verhalten gezeigt, das ihr alle schon erahnt hättet."

23 Millionen Fans in der Heimat hatten die WM-Revanche im staatlichen Fernsehen Rai verfolgt, bei einem Marktanteil von mehr als 74 Prozent. Damit wurde annähernd der Wert des Endspiels 2006 erreicht (23,93 Mio.). In Deutschland bescherte das Spiel dem ZDF eine Rekordquote: 15,35 Mio. Zuschauer (50 Prozent Anteil) sind das beste Ergebnis bei einem EM-Vorrundenspiel ohne deutsche Beteiligung.

Das Glück der Italiener, die zuletzt vor mehr als 30 Jahren in der regulären Spielzeit gegen die Equipe Tricolore gewonnen hatten, wurde allerdings durch die zweiten Gelben Karten für Spielmacher Pirlo und Gennaro Gattuso getrübt. Beide fehlen dem viermaligen Weltmeister gegen die Spanier. Vor allem der Ausfall des Dreh- und Angelpunkts Pirlo dürfte nur schwer zu kompensieren sein.

"Das macht die Aufgabe nicht einfacher", fürchtet Toni. Ein bisschen Lob bekam auch der Bayern-Stürmer für den herausgeholten Elfer. Ansonsten aber trieb er mit drei vergebenen Riesenchancen Donadoni schier in den Wahnsinn. "Impossibile!", schrie der Coach auf der Bank. "Gegen Spanien werde ich mein Tor machen", versprach Toni