Ein Spitzenteam sind sie noch nicht. Die Halbzeitbilanz für Hamburgs Eishockeyteam fällt aber trotz des 2:3 in Hannover positiv aus.

Hannover. Es genügte ein Blick in die Gesichter der Profis der Hamburg Freezers, um ablesen zu können, wie die vorherigen 60 Minuten gegen die Hannover Scorpions gelaufen waren. "Das nervt und war total unnötig", sagte Kapitän Christoph Schubert über das 2:3 (1:0, 1:2, 0:1) beim Nordrivalen.

Die Mannschaft von Trainer Benoît Laporte offenbarte an diesem Sonntagnachmittag wieder einmal, dass es ein schmaler Grat zwischen Selbstvertrauen und Lässigkeit ist, auf dem sie wandelt. Es passte zudem ins Bild dieses gebrauchten Tages, dass die Freezers mit den widrigen Wetterbedingungen zu kämpfen hatten und erst anderthalb statt zwei Stunden vor dem Spiel in Hannover ankamen. "Aber das ist mit Sicherheit keine Entschuldigung für die Leistung", sagte Laporte.

Der Auftritt bei den Scorpions war ein Lehrbeispiel dafür, was den Freezers auf dem Weg zur Tabellenspitze noch fehlt: die Fähigkeit, Siege bei Teams, die vom Talent her deutlich unter ihnen angesiedelt sind, zu erarbeiten. Den biederen und technisch unterlegenen Scorpions reichte eine allenfalls durchschnittliche Leistung, um die drei Punkte einzufahren. Vom Elan und der Dominanz, die die Freezers 43 Stunden zuvor bei der 7:1-Gala gegen Köln ausgestrahlt hatten, war nichts mehr zu sehen. Es hatte den Anschein, als wollten sie sich nur auf ihr Talent verlassen.

"Wir sind noch kein Spitzenteam", resümierte Sportdirektor Stéphane Richer sauer: "Es ist das zweite Mal, dass wir nach einem Topspiel am Freitag am Sonntag einen derartigen Auftritt zeigen. Die Siegermentalität war nicht von Beginn an da", sagte er. Allerdings sei die Halbzeitbilanz nach 26 von 52 Spielen in der Hauptrunde der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) positiv.

Tatsächlich rangieren die Hamburger, deren erstes Saisonziel Platz sechs und damit die direkte Play-off-Qualifikation ist, mit 46 Punkten auf Rang drei. Doch nicht nur der Blick auf die Tabelle kann sie zufriedenstellen. Die Freezers stehen in dieser Saison für attraktives Eishockey. Bis zum Hannover-Spiel waren sie defensiv das beste Team der DEL, was auch ein Verdienst der starken Neuzugänge Mathieu Roy und Duvie Westcott ist. Mit Dimitrij Kotschnew und Niklas Treutle steht hinter der Abwehr ein Torhüterduo bereit, auf das Verlass ist.

Auch offensiv gibt es derzeit wenig zu kritisieren. Nach anfänglichen Problemen ist es Laporte gelungen, das Über- und Unterzahlspiel zu stabilisieren und auch den Torabschluss zu verbessern. 83 Treffer sind der zweitbeste Ligawert. Dabei spielen einige Profis, vor allem Rob Collins und Brandon Reid, längst nicht am Limit. Wie viel Qualität in der Mannschaft steckt, machten die beiden Treffer von Matt Pettinger in Hannover deutlich, die NHL-Star Jamie Benn in absoluter Weltklassemanier vorbereitete.

Dafür fehlte, anders als in den Vorwochen, die Unterstützung der anderen Sturmreihen, von denen sich vor allem das deutsche Paradetrio David Wolf, Jerome Flaake und Garrett Festerling als Punktegarant etabliert hat. Überhaupt ist es die Mischung aus hungrigen Talenten und etablierten Führungsspielern, die Hoffnung macht, erstmals seit der Saison 2003/04 in Hamburg wieder Halbfinalspiele zu sehen.

Vor allem die Diskrepanz zwischen den Auftritten in der heimischen O2 World, wo die Freezers zehn ihrer bislang zwölf Heimspiele gewannen, und denen in der Fremde, wo neun von 14 Spielen verloren gingen, ist ein Ansatzpunkt, dem sich die Freezers widmen müssen, wollen sie ihr Saisonziel erreichen. "Ich habe der Mannschaft gesagt: Wir allein entscheiden, wie die Spiele laufen. Wenn wir bereit sind, in jedem Spiel alles zu geben, können wir viel erreichen. Wenn nicht, reicht es nicht für die DEL", sagt Laporte. Das Spiel in Hannover hat ihn bestätigt.

Tore: 0:1 (9:09) Pettinger (Benn, Reid), 1:1 (26:47) Ciernik (Jass, Sulkovsky) 5-4, 1:2 (35:11) Pettinger (Benn, Köppchen) 4-5, 2:2 (36:05) Herperger (Ciernik), 3:2 (47:54) Krüger (Richter, Fauser). Strafminuten: 12+10 Blank/10. SR: Oswald/Schimm (Kaufbeuren/Waldkraiburg). Z.: 3083.