Das deutsche Monopol für Sportwetten ist gekippt. Nun können private Wettanbieter als Sponsoren dienen. Michael Stich will das nutzen.

Hamburg. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu staatlichen Monopolen von Sportwetten und Glücksspielen bringt für Veranstalter, Sponsoren viele neue Möglichkeiten mit sich. So will Michael Stich wieder Gespräche mit privaten Wettanbietern als mögliche Namensgeber für das Tennis-Turnier am Hamburger Rothenbaum aufnehmen. „Da wird es sehr, sehr kurzfristig Kontakte geben“, sagte der Turnierdirektor am Mittwoch. Im Sommer 2009 hatte das Hamburger Verwaltungsgericht geurteilt, dass das Unternehmen „Bet-at-Home“ nicht als Werbepartner auftreten darf. Derzeit gibt es für das Turnier keinen Namenssponsor.

Der frühere Wimbledon-Sieger zeigte sich sehr erfreut über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, dass das deutsche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele nicht mit EU-Recht vereinbar sei. „Ich finde es sehr gut, weil es an der Zeit ist, dass der Markt geöffnet wird. Es ist der Zeitgeist des Internets“, sagte Stich.

EU-Gericht: Deutsches Monopol für Sportwetten unzulässig

Der Gesetzgeber hat sich verzockt, die privaten Wettanbieter und der Profi-Sport könnten die neuen Wettkönige sein: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Mittwoch das in Deutschland geltende staatliche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele gekippt, da es nicht mit dem Recht der Europäischen Union (EU) vereinbar ist. Laut EuGH begrenze die deutsche Regelung die Glücksspiele, und damit auch die Sportwetten, nicht „in systematischer Weise“. Das Monopol verstoße unter anderem gegen die Niederlassungs- sowie die Dienstleistungsfreiheit in der EU und sei deshalb ab sofort nicht mehr anwendbar.

Zuletzt hatten vor allem die Spitzen des Profi-Fußballs ein Ende des Monopols gefordert. DFB-Präsident Theo Zwanziger, Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball und Franz Beckenbauer plädierten für die Abschaffung. DFL-Boss Christian Seifert hatte sich für ein „duales System mit einem staatlichen Lotto-Monopol und einem unter staatlicher Kontrolle geöffneten Sportwetten-Markt“ ausgesprochen. Laut mehreren Schätzungen entgingen dem deutschen Profi-Sport in der Vergangenheit mehrere hundert Millionen Euro an Sponsorengeldern, da private Wettanbieter nicht mehr auf Trikots und Banden werben durften.

Seit dem im Jahr 2008 erlassenen Glücksspielstaatsvertrag galt in Deutschland das Monopol staatlicher Anbieter, private Wettanbieter waren verboten. Nur beim staatlichen Unternehmen Oddset durfte legal auf die Fußball-Bundesliga, Weltmeisterschaften oder die Formel 1 gesetzt werden. Dagegen hatten mehrere kleine Anbieter geklagt, vier deutsche Gerichte wandten sich daraufhin mit der Frage an den EuGH.

Der eigentliche Hintergrund des Monopols sind die Milliarden-Einnahmen aus Glücksspielen, die in die Staatskasse fließen. Der Gesetzgeber hatte das Verbot mit der Bekämpfung von Spielsucht und Manipulation begründet. Das EuGH hat nun festgestellt, dass Deutschland dieses eigentlich für eine Beschränkung des Marktes zulässige Ziel unter anderem durch zu viel Werbung für die Glücksspiele unterlaufe. Das EuGH-Urtel ist eine Vorab-Entscheidung, die deutschen Gerichte müssen nun die Einzelfallentscheidungen treffen.

Das Monopol wurde von Experten in der Vergangenheit ohnehin als wertlos eingeschätzt. Aufgrund von EU-Verträgen durften ausländische Firmen Sportwetten über das Internet anbieten. So ist unter anderem auch einer der größten Online-Anbieter bwin in Gibraltar lizenziert. Zuletzt hatte sich zudem gezeigt, dass die unregulierten Anbieter für Kunden deutlich attraktiver als Oddset sind. Sie bieten mehr Wettmöglichkeiten und bis zu 20 Prozent höhere Quoten an.

Eine Studie der Beratungsfirma Goldmedia hatte ergeben, dass 94 Prozent der Wettumsätze online über ausländische Anbieter abgewickelt werden. Laut der Studie entfallen bei einem geschätzten Jahresumsatz von 7,8 Milliarden Euro lediglich 485 Millionen Euro auf legale Wetten, davon 185 Millionen Euro auf Oddset.

Diese Zahlen verdeutlichten, dass der als Monopol-Grund angegebene Kampf gegen Spielsucht und Manipulation offensichtlich an der Wirklichkeit vorbeiging. Zudem zahlen die ausländische Anbieter in Deutschland keine Steuern und Abgaben. Bundesländern, gemeinnützigen Vereinen und vom Glücksspiel bezuschussten Einrichtungen gingen so Millionen durch die Lappen.