Mit der Auflösung des staatlichen Glücksspielmonopols können auch Werbeschranken fallen. Das freut die Klubs.

Hamburg. In der Regel lösen Siege auf dem grünen Rasen echte Begeisterung in den Chefetagen der Profiklubs aus. Gestern indes war es ein Urteil aus Brüssel, das die gesamte Fußballbranche in Euphorie versetzte. Mit dem Aus für das staatliche Wettmonopol - Details dazu im Artikel rechts - wittern die Vereine neue Millioneneinnahmen.

Besonders groß ist der Jubel beim Krösus. Der FC Bayern München kämpft schließlich seit Jahren gegen das staatliche Monopol auf dem Glücksspielmarkt. "Es werden neue Einnahmen zugunsten der Bundesliga kommen. Das ist klar", analysiert Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Bislang habe man mit privaten Wettanbietern wie etwa bwin "nur im Verborgenen" zusammenarbeiten können. Franz Beckenbauer, inzwischen Ehrenpräsident des FC Bayern, hatte den so entstehenden Verlust für den Gesamtsport in Deutschland gar "auf bis zu 400 Millionen Euro" hochgerechnet.

Welche bizarren Folgen die mit dem Wettmonopol gekoppelten Werbeeinschränkungen für privates Glücksspiel haben können, hatte der "Kaiser" vor drei Wochen selbst erfahren müssen. Das Freundschaftsspiel gegen Real Madrid in der Münchner Arena, offiziell deklariert als "Abschiedsspiel für Franz Beckenbauer", wäre an diesem Werbeverbot beinahe gescheitert. Das Kreisverwaltungsreferat München hatte ein Zwangsgeld von 50 000 Euro angedroht, falls Real mit dem Schriftzug "bwin" auflaufen würde. Unter diesem Druck spielten die "Königlichen" in neutralen Trikots, was den Bayern außerordentlich peinlich war.

Diese Diskussion dürfte nun in naher Zukunft obsolet sein. Mehr noch: Es wächst zusammen, was nach Ansicht der Bundesliga-Manager ohnehin zusammengehört - Glücksspiel und Sportsponsoring. Schließlich wird der Markt für Sportwetten auf jährlich 7,8 Milliarden Euro geschätzt. Entsprechend attraktiv sind daher die Bundesliga-Klubs als Werbepartner.

Auch der HSV hatte vor 2007 mit einem privaten Wettanbieter als Sponsor verhandelt - der Millionendeal scheiterte an juristischen Grenzen. "Wir begrüßen die neue Entwicklung", freut sich Vorstand Katja Kraus, "weil sie uns neuen Spielraum eröffnet."

Dies gilt keineswegs nur für den Fußball. Positive Auswirkungen könnte das Urteil auch auf das Herrentennisturnier am Rothenbaum haben. Im Juli vergangenen Jahres hatte das Hamburger Verwaltungsgericht der veranstaltenden Agentur Hamburg Sports & Entertainment (HSE) untersagt, mit dem in Österreich ansässigen Onlinewettanbieter bet-at-home.com zu werben. Das Unternehmen wollte für rund 250 000 Euro als Titelsponsor auftreten. "Diese Partnerschaft könnte jetzt natürlich wieder interessant werden", sagt HSE-Geschäftsführer Detlef Hammer, enger Partner von Turnierdirektor Michael Stich. "Wir sind weiterhin in gutem Kontakt mit bet-at-home, die uns damals signalisiert hatten, dass sie uns langfristig unterstützen wollen. Wir werden nun genau prüfen, was das Urteil beinhaltet und welche Möglichkeiten es uns eröffnet." In den vergangenen beiden Jahren hatten die German Open keinen Titelsponsor.

Auf den ersten Blick verblüffend wirkt dagegen, dass auch Thomas Bach als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes in den Jubelchor einstimmt und das Urteil als "Meilenstein" preist. Bislang kämpfte der Breitensport für das Monopol, weil der staatliche Wettanbieter Oddset mit Millionen den Amateursport sponsert. Da aber die Zuschüsse durch sinkende Umsätze bei Lotto und Toto kontinuierlich sinken, hoffen jetzt auch die kleinen Verbände auf ein Stück vom privaten Glücksspielkuchen.

"Der Fußball kann auch mit einem anderen Rechtsrahmen als dem jetzigen leben", sagt denn auch Karsten Marschner, Geschäftsführer Hamburger Fußball-Verband. Er ist sicher, dass der Partner Lotto Hamburg "auch in einem veränderten Umfeld" weitermachten wird. Und der FC St. Pauli? Wie so oft ist beim Kiezklub alles ein bisschen anders. Vizepräsident Bernd-Georg Spies sagt: "Das ist eine Entscheidung, die wir uns in aller Ruhe anschauen werden." Die Defensive hat einen einleuchtenden Grund. Der FC St. Pauli wirbt schon mit der "ARD-Fernsehlotterie". Für einen privaten Glücksspielanbieter ist da kein Platz an der Sonne.