Breitensportler befürchten, dass sich Sponsoring auf vom TV gepushten Spitzensport begrenzt. Die Politik arbeitet an einer Win-Win-Situation.

Berlin. Die unklare Geldverteilung droht nach dem brisanten EU-Wetturteil die Klassenunterschiede zwischen Spitzen- und Breitensport zu verschärfen. Nun muss die Politik ein weiteres Auseinanderdriften verhindern. Nach dem EuGH-Votum gegen das Wettmonopol in Deutschland waren Vertreter aus Sport und Politik am Donnerstag vor allem um Deeskalation bemüht. Gemeinsam wird an einer Lösung gearbeitet, die eine für alle Seiten einträgliche Co-Existenz privater und staatlicher Wettanbieter ermöglichen könnte.

In einem dreiseitigen Rundbrief warnte der Deutsche Olympische Sportbund vor Hysterie und Existenzangst. „Ich kann die Sorgen der Landessportbünde und Vereine verstehen und teile sie auch“, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach , „umso dringlicher ist die Notwendigkeit für die Politik, Antworten zu finden.“

Die gewünschte Win-Win-Situation soll noch in diesem Jahr erarbeitet werden. Die Bundesländer wollen das staatliche Privileg erhalten und bis zum Frühjahr 2011 einen neuen Staatsvertrag zum Glücksspiel vorlegen. „Wir müssen nun schnell einen neuen Staatsvertrag zwischen den Ländern vereinbaren, der den Auflagen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an das staatliche Monopol gerecht wird“, sagte der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD), gleichzeitig Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). „Klar ist, dass wir das Monopol weiterhin wollen und brauchen.“

Die Länder seien schon seit längerem in Gesprächen über einen neuen Staatsvertrag, mit dem Ziel „bis zum kommenden Frühjahr einen Entwurf vorzulegen“. Beim Treffen der Staatskanzlei-Chefs aller Bundesländer am Donnerstag in Speyer soll das Thema diskutiert werden. Der EuGH hatte am Mittwoch überraschend entschieden, die Monopolregelung des Staatsvertrages von 2008 sei „nicht mehr gerechtfertigt“. Denkbar wäre ein Modell, nachdem private Anbieter Konzessionen erhalten und damit gleichzeitig unter staatlicher Kontrolle stehen. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat ein entsprechendes Konzept entworfen und vorgestellt.

„Wir müssen alles dafür tun, dass die Balance zwischen dem Spitzensport und dem am Gemeinwohl orientierten Sport erhalten bleibt“, sagte Walter Schneeloch, Präsident des Landessportbundes (LSB) Nordrhein-Westfalen und DOSB-Vizepräsident für den Bereich Breitensport. Es bestehe die Gefahr, dass Sponsoring nur noch in den vom TV gepushten Spitzensport fließe. Bei jährlichen Zuwendungen von 23 Millionen Euro für seinen LSB gehe auch bei ihm „die Existenzangst“ um. Trotzdem ist er optimistisch, dass bald beruhigende Rahmenbedingungen geschaffen werden: „Wir sind schon seit längerem mit der Landesregierung in Verhandlung, die finanzielle Planungssicherheit auf Dauer abzusichern und zu stabilisieren.“

In einem dreiseitigen Schreiben „an die Präsidenten und Generalsekretäre der DOSB-Mitgliederorganisationen“ verwies die DOSB- Spitze auf eine von der Mitgliederversammlung im Dezember 2009 verabschiedete Grundsatzposition. „Es wäre kontraproduktiv, jetzt bereits die Gefährdung oder gar Aufhebung des Lotteriemonopols in Deutschland zu beklagen und damit Gefahr zu laufen, diese erst herbeizureden“, heißt es in dem von Bach und Generaldirektor Michael Vesper unterzeichneten Schreiben.

Der Automatismus, mit dem Sportwettenmonopol müsse ausdrücklich auch das Lotteriemonopol fallen, existiere nicht. „Von daher tun wir alle gut daran, diesen Automatismus ausdrücklich nicht zu vertreten“, heißt es. Der DOSB werde sich weiterhin „für eine solide Finanzgrundlage für den deutschen Sport mit allem Nachdruck einsetzen“.

Zahlreiche Landessportbünde hatten in ersten Reaktionen nach dem überraschenden EU-Urteil ihre Zukunftsangst ausgedrückt. Die Etats der Landessportbünde werden zu rund 80 Prozent von Sportwetten und Lotterien getragen. 7,85 Milliarden Euro wurden 2009 bei Sportwetten in Deutschland umgesetzt. Aus Lottoeinnahmen gingen im Vorjahr rund 2,6 Milliarden Euro in die Landeshaushalte, den Sport, die Kultur und soziale Projekte.

Der Profi-Fußball freut sich jetzt schon auf seinen millionenschweren Hauptgewinn vor allem aus Banden- und Trikotwerbung. Mehr als 300 Millionen Euro dürften nach Expertenmeinungen in die Vereinskassen fließen. Eine Übereinkunft zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem DOSB könnte auch für den Restsport beruhigende Wirkung haben. Nach dpa-Informationen haben sich beide Organisationen geeinigt, dass die DFL Lizenzgebühren erhebt und davon 80 Millionen an den DOSB abgibt.