Der Südafrikaner wurde gegen Kaution freigelassen. Er hatte seine Freundin Reeva Steenkamp erschossen und steht unter Mordanklage.

Pretoria. Oscar Pistorius muss nach seiner Freilassung auf Kaution doch nicht regelmäßig bei der Polizei erscheinen. Dies geht aus einem Dokument hervor, das die französische Nachrichtenagentur AFP einsehen durfte. „Das ist nicht Teil der Auflagen“, bestätigte auch ein Beamter des Magistratsgerichts in Pretoria. Paralympics-Star Pistorius hatte seine Freundin Reeva Steenkamp am 14. Februar erschossen und steht unter Mordanklage.

Ab dem 4. Juni muss sich der 26-Jährige vor Gericht für die Tat verantworten. Pistorius war am Freitag nach viertägigen Verhandlungen gegen eine Zahlung von einer Million Rand (rund 85.000 Euro) freigelassen worden. Der beidseitig beinamputierte Pistorius muss aber zahlreiche andere Auflagen erfüllen. Der sechsmalige Goldmedaillen-Gewinner bei Paralympics lebt derzeit bei seinem Onkel Arnold, da er sein eigenes Haus nicht betreten darf. Auch internationale Flughäfen darf Pistorius nicht aufsuchen, muss jederzeit telefonisch erreichbar sein und einen Beamten über seinen Aufenthaltsort informieren. Wenn der „Blade Runner die Stadt verlassen möchte, muss er um Erlaubnis bitten.

Bei seinem Onkel wird er sich vorerst aufhalten und auch darüber nachdenken, wie er sich fithalten kann. Auch wenn in den Sternen steht, ob der beidseitig beinamputierte Athlet seine Karriere jemals fortsetzen wird. Bei den schweren Vorwürfen gegen den 26-Jährigen, der am 14. Februar seine drei Jahre ältere Freundin Reeva Steenkamp in seinem Haus getötet hatte, ist dieser Aspekt derzeit ohnehin nur Nebensache. Das Wichtigste für die Verwandten ist erst einmal, dass der Olympia-Teilnehmer von London nicht länger in Haft sitzt.

„Wir sind sehr erleichtert, dass Oscar Kaution stellen durfte, aber wir trauern auch um Reeva Steenkamp“, hatte Arnold Pistorius, Onkel und Sprecher des Angeklagten erklärt. Pistorius hatte das ehemalige Model mit vier Schüssen getroffen. Pistorius behauptet, dass es ein Unglück war. Er habe die Person für einen Einbrecher gehalten. Das Umfeld glaubt ihm. „Als Familie kennen wir Oscars Version zu den Vorfällen aus der Nacht und wir wissen, dass die Wahrheit in diesem Fall siegen wird“, erklärte Arnold Pistorius. Die Angehörigen des Opfers hat der Angeklagte nicht überzeugt. „Wenn seine Anwälte für ihn lügen, muss er das mit sich selbst ausmachen“, sagte Steenkamps Vater Barry: „Er muss mit seinem Gewissen leben.“

Gute Nachrichten für Pistorius gab es bezüglich der aufgekommenen Dopingverdächtigungen. Bei den in Pistorius' Haus gefundenen Substanzen, die der mittlerweile abgesetzte Chefermittler Hilton Botha als Testosteron bezeichnet hatte, soll es sich um ein pflanzliches Sex-Stimulanzmittel handeln. Dies berichtet die Tageszeitung City Press. Als Ursache für die Tat kommt es wohl nicht in Frage. „Es ist unwahrscheinlich, dass es zu einer Kurzschlusshandlung führt“, sagte Sportmediziner Jon Patricios. Es war vermutet worden, dass Pistorius unter Einfluss eines Medikaments auf seine Freundin losging. Davon ist nach derzeitigem Stand genauso wenig auszugehen wie von einem Dopingvergehen. Pistorius war bislang unauffällig, auch bei den Paralympics. In London wurde er zweimal getestet, beide Proben waren negativ.

Medien: Pistorius' Bruder wegen Totschlags angeklagt


Kaum war Oscar Pistorius in Freiheit, da brachen die nächsten Negativschlagzeilen über seine Familie herein. Erst jetzt kam raus, dass sich auch der Bruder des Paralympics-Stars wegen eines schweren Vergehens vor Gericht verantworten muss. Carl Pistorius wurde in Südafrika nach einem Autounfall mit Todesfolge angeklagt. Bis zum Wochenende war nicht öffentlich bekannt geworden, dass der ältere Bruder des „Blade Runners“ vor fünf Jahren nahe Johannesburg offenbar wegen grob fahrlässigen Verhaltens den Tod einer Motorradfahrerin verursacht hatte.

Anwalt Kenny Oldwage, der auch Oscar Pistorius vertritt, bestätigte gegenüber Eyewitness News den Vorfall. Die Anklage lautet auf Totschlag. Während der viertägigen Verhandlungen im „Fall Oscar Pistorius“, die in Pretoria mit der Freilassung auf Kaution zu Ende gegangen waren, hatte Carl seinen Bruder im Gerichtssaal unterstützt. Dabei hätte der 28-Jährige diese Woche eigentlich selbst vor dem Richter stehen sollen. Für Donnerstag war der Prozess-Auftakt angesetzt, wurde aber um einen Monat verschoben.

Carl Pistorius hofft, ungestraft davonzukommen. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass Carl unschuldig ist. Er bedauert den Unfall zutiefst“, hieß es in einer Stellungnahme von Oldwage. Die Familie Pistorius beschäftigt die Staatsanwaltschaft. Dies wird auch noch einige Monate so bleiben. Mitte März wird es für Carl ernst, ab dem 4. Juni dann für seinen berühmten Bruder.