DHB-Männer haben WM in Spanien als Fünfter beendet. Auftritt des Teams von Trainer Heuberger macht aber Mut für die Zukunft.

Saragossa. Silvio Heinevetter war der Letzte. Mit müden Augen und hängenden Schultern schlich der Torhüter am frühen Donnerstagmorgen durch die Lobby des Palazzo-Hotels in Saragossa und verkrümelte sich in den Mannschaftsbus. Als die deutschen Handballer um 6.13 Uhr den Ort ihrer bitteren Viertelfinal-Niederlage gegen Spanien verließen, war die Enttäuschung noch immer greifbar. Der Regen passte perfekt zur trüben Stimmung. Doch schon bevor es mittags von Madrid aus mit dem Flieger in die Heimat ging, mischte sich auch ein wenig Stolz in die Gemütslage der deutschen Delegation.

Platz fünf hatte der neuformierten Mannschaft von Bundestrainer Martin Heuberger vor der WM kaum jemand zugetraut. Nach der Tristesse der vergangenen Jahre machte vor allem die Art und Weise der deutschen Auftritte Mut für die Zukunft. „Die Mannschaft hat in Deutschland eine neue Begeisterung für die Sportart ausgelöst. Sie hat einen sehr guten Eindruck gemacht und ist nicht mehr weit von der Weltspitze entfernt“, sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier am Donnerstag. Schon beim nächtlichen Bankett hatte er die Mannschaft um Kapitän Oliver Roggisch für das Erreichen des „Wunschziels des Verbandes“ ausdrücklich gelobt.

Heuberger hat der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) ungeachtet der öffentlichen Kritik an seiner Person einen neuen Anstrich verpasst. Er formte aus einer Mannschaft ohne überragende Einzelkönner eine verschworene Einheit, die sich mit einem erfrischenden Tempo-Handball in die Herzen der Fans spielte. Fast zehn Millionen Zuschauer fieberten am Mittwochabend vor dem Fernseher mit, als das deutsche Team den Einzug ins Halbfinale knapp verpasste. Sogar Fußball-Bundestrainer Joachim Löw saß Daumen drückend vor der Mattscheibe.

Haaß: „Wir können mit erhobenem Haupt aus dem Turnier gehen“

„Es freut mich, dass das anscheinend viele Leute in der Heimat mitgenommen haben. Aber es fällt mir persönlich schwer, es schönzureden, dass wir im Viertelfinale ausgeschieden sind“, sagte Rückraumspieler Sven-Sören Christophersen: „Wir haben gute Spiele abgeliefert, Höhepunkte gesehen, aber es wäre einfach das i-Tüpfelchen gewesen, die Spanier im eigenen Land rauszuschießen.“ Bis zehn Minuten vor dem Ende hielt die deutsche Mannschaft die Partie am Mittwochabend offen, ehe der Gastgeber angefeuert von 10.000 teils fanatischen Fans davonzog.

Spielmacher Michael Haaß, der während der WM über sich hinauswuchs und eine der großen Stützen des Teams war, hob dennoch das Positive hervor. „Wir können mit erhobenem Haupt aus dem Turnier gehen. Wir haben in Deutschland wieder Lust auf Handball gemacht“, sagte Haaß. Er sieht die Mannschaft auf dem richtigen Weg: „Wir kämpfen jetzt einfach weiter dafür, dass wir solche Spiele dann auch gewinnen können.“ Glanzpunkte setzten er und sein Team beim überraschenden 32:30 gegen den Titelverteidiger Frankreich in der Vorrunde und beim souveränen 28:23-Erfolg im Achtelfinale gegen den EM-Fünften Mazedonien.

In Anbetracht dieser Ergebnisse sieht DHB-Sportdirektor Heiner Brand die deutsche Mannschaft nach Platz elf bei der letzten WM 2011 sogar schon wieder zurück im Kreis der Top-Teams. „Wenn man beim Handball unter den ersten Acht ist, dann ist man sicherlich in der Weltspitze“, sagte der Weltmeistertrainer von 2007: „Wir müssen das jetzt aber weiter bestätigen und dann noch ein Stückchen nach oben klettern.“ In Spanien hat nicht viel gefehlt für den ganz großen Wurf. Ein bisschen mehr Cleverness beim Torabschluss, ein bisschen mehr Durchschlagskraft im Positionsangriff - das sind die Dinge, an denen Heuberger intensiv feilen muss.

Heinevetter: „Das dauert noch ein paar Tage...“

„Klar müssen wir aus den Fehlern lernen, sie aber irgendwo auch abhaken. Wenn wir so weitermachen wie jetzt, werden wir auch wieder die Chance auf ein Halbfinale kriegen“, sagte Kapitän Oliver Roggisch. Der bei der WM überragende Abwehrchef signalisierte noch am Abend des Ausscheidens, dass er seine Karriere in der Nationalmannschaft fortsetzen wird. Im nächsten Atemzug richtete der 34 Jahre alte Team-Oldie seinen Blick bereits auf die EM-Qualifikationsspiele im Frühjahr. „Da müssen wir uns durchbeißen“, sagte Roggisch. Bei den Spielen gegen Tschechien im April gelte es schließlich, den Aufwärtstrend der WM zu bestätigen.

Einzig der im Turnierverlauf immer stärker werdende Heinevetter wollte noch nicht so recht in den positiven Grundtenor einstimmen. „Dicht dran zu sein, das bringt einem gar nichts“, so Heinevetter: „Das dauert noch ein paar Tage, bis wir stolz sein können auf das Turnier.“