Handballer scheitern im WM-Viertelfinale nach starker erster Halbzeit und 14:12-Führung an Gastgeber Spanien mit 24:28. Heuberger enttäuscht.

Saragossa. Die deutschen Handballer hatten sich, zwei Minuten vor Schluss, noch einmal zur Auszeit versammelt. Aber es war zu spät. Silvio Heinevetter, der Keeper aus Berlin, der lange überragend gehalten hatte, schlug schon sein Handtuch auf den Boden und schrie seine Wut heraus, während die 11.800 Fans im Pabellon Principe Felipe in Saragossa standen und feierten. Das Viertelfinale bei der 23. WM war verloren. Mit 24:28-(14:12)-Toren unterlag die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) Gastgeber Spanien, in einer heißblütigen Atmosphäre. Insbesondere Kreisläufer Julen Aguinagalde hatte mit sieben Treffern die deutschen Hoffnungen zerstört. "Wir haben ihn das ganze Spiel nicht in den Griff bekommen", klagte Heinevetter.

Auch Bundestrainer Martin Heuberger war sichtlich enttäuscht über das Ausscheiden. "Wir haben im Angriff in der zweiten Halbzeit nicht ganz auf dem nötigen Level gespielt", sagte der 48-Jährige aus der Ortenau, "aber wir können trotzdem stolz sein darauf, wie wir hier aufgetreten sind." Genauso sahen es auch die erfahrenen Profis in diesem Team, das mit sechs WM-Debütanten angetreten war. "Wir haben ein gutes Fundament geschaffen, und wir haben auch in der Heimat wieder das Feuer für den Handball entfacht", sagte Linksaußen Dominik Klein (THW Kiel). "Wir können stolz sein auf das, was wir hier geschafft haben", meinte auch Spielmacher Michael Haaß (Göppingen), obwohl es nichts geworden war mit der ersten WM-Halbfinalteilnahme seit dem WM-Sieg 2007 in Köln.

Es ehrte die Handballer aus Berlin, Kiel, Mannheim und Wetzlar, dass sie nicht über das kroatische Schiedsrichtergespann sprechen wollten. Dabei hatten Matija Gubica und Boris Milosevic die Deutschen schon in der ersten Hälfte des Öfteren benachteiligt. "Und auch in der zweiten Halbzeit haben wir natürlich unter den Zeitstrafen gelitten", sagte Heuberger. Die Befürchtung, dass die Referees unter dem Druck des Publikums einbrechen würden, erfüllte sich also wirklich. Es war wie so oft bei einer Handball-Weltmeisterschaft: Der Gastgeber profitierte von den Pfiffen der Schiedsrichter. Das passierte indes auch bei der WM 2007 in Deutschland, die der Gastgeber gewann.

Lange Zeit hatte die DHB-Auswahl dem Druck dennoch widerstehen können. Kaltblütig suchte sie ihre Chance und verteidigte entschlossen. "Da haben wir eine hervorragende Abwehr gestellt", sagte Patrick Wiencek, der Kreisläufer des THW Kiel. Das Team um Kapitän Oliver Roggisch hatte sich fast perfekt auf den gegnerischen Rückraum eingestellt, Torwart Heinevetter hielt, was er halten konnte, und das Team spielte die Schnellangriffe konsequent aus. Als Haaß zweimal in Folge traf, einmal vom Kreis, einmal aus dem Rückraum, führten die Deutschen 7:5 (13. Minute). Danach ließ sich der Supertorwart des Gegners, Arpad Sterbik, entnervt auswechseln, und tatsächlich scheiterten die deutschen Werfer danach häufiger an seinem Vertreter José Sierra. Und doch hielten sie den Favoriten zunächst auf Distanz. Als Klein ein Sensationstor erzielte, indem er einen Wurf aus spitzem Winkel über Sierra eindrosch, ging der Außenseiter mit 14:12 in die Pause.

Doch zu Beginn der zweiten Halbzeit erlebte das Team, in Unterzahl spielend, den ersten Einbruch. Nur vier Minuten nach Wiederanpfiff lag es mit 16:18 zurück, nun tobte die Halle erneut. Doch die deutschen Handballer schlugen zurück, wie schon so oft bei diesem Turnier. Angeführt von Abwehrchef Roggisch, gelang eine Serie von drei Toren, die Christoph Theuerkauf mit einem Tempogegenstoß zum 19:18 abschloss, und nun wogte die Partie hin und her. Sie witterten weiter an der Sensation. "Männer", schrie Kreisläufer Theuerkauf auf der Bank die Kollegen an, "bei Abpfiff führen wir", da stand es 21:21 (47.).

Doch nun rächte sich, dass Patrick Groetzki, der bisher so treffsichere Flügelspieler von den Rhein-Neckar Löwen, drei Tempogegenstöße nicht verwertet hatte. "Die muss ich einfach in seinem solchen Spiel, in dem man gegen alles kämpft, reinmachen", sagte Groetzki hinterher. Nun fehlte es auch im Positionsangriff ein wenig an Druck, sodass die Sprungwürfe immer häufiger an der spanischen Abwehrwand abprallten. Drei Tore des überragenden Kreisläufers Julen Aguinagalde zum 21:25 (54.) bedeuteten dann die Entscheidung in diesem Kampf, den die deutschen Profis lange auf Augenhöhe bestritten hatten. Der Traum, den die Mannschaft lange pflegte, war abrupt beendet. Heute fliegt sie nach Hause. In zehn Tagen ist wieder Bundesliga.

Tore: Spanien: Aguinagalde 7, Tomas 7/1, Entrerrios 6, Rivera, Maqueda je 3, Rocas, Sarmiento je 1; Deutschland: Christophersen 6/1 Siebenmeter, Theuerkauf, Klein je 4, Haaß 3, Groetzki, Weinhold je 2, Pfahl, Wiencek je 1, Schmidt 1/1. Schiedsrichter: Gubica/Milosevic (Kroatien). Zeitstrafen: 5/6. Zuschauer: 10.801 (ausverkauft).