Zum Sport gehört für die heute 21-Jährige ein Team. Ihr Credo: “Ich bin eine Mannschaftssportlerin.“

Hamburg. Dass Viktoria Rau im Alter von 21 Jahren zweimalige Europameisterin ist, wäre spektakulär genug. Fast noch bemerkenswerter ist die Sportart, in der ihr dieses gelang: Viktoria Rau ist Junioren-Europameisterin im Kanupolo.

Die Wahl der Disziplin hatte pragmatische Gründe. Ihre Eltern betreiben das Freibad in Tonndorf, die kleine Viktoria verbrachte fast jeden Sommertag am und im Schwimmbecken. Und dort trainierten die Kanupolospieler der Niederdeutschen Wanderpaddler. Mit drei Jahren saß sie erstmals in einem Kanu. Selbst im Urlaub paddelt sie heute, im vergangenen Sommer durch Schweden. Ihre Leidenschaft aber gilt dem Polo. Deshalb entschied sie sich früh gegen eine mögliche Schwimmkarriere: "Ich bin einfach eine Mannschaftssportlerin."

Bis sie 16 Jahre alt war, spielte Rau fast immer in Jungen-Teams, mit 17 gehörte sie zur U-21-Nationalmannschaft der Frauen. Den ersten EM-Titel feierte sie 2005 in Madrid, den zweiten im September 2007 in Thury-Harcourt. In der Kleinstadt im Nordwesten Frankreichs erlebte Rau eine Begeisterung für ihre Sportart, die ihr hierzulande nirgends begegnet ist: "Selbst in der Apotheke standen Kanus im Schaufenster", schwärmt sie noch heute. 6000 Zuschauer sorgten beim Finale für Stimmung. "Da war ich schon aufgeregt", gesteht Rau. Dass sie für eine verletzte Mitspielerin auf der Mittelposition einspringen musste, trug nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei. Rau schwimmt gewöhnlich im Tor, wobei beim Kanupolo mit fliegendem Torwart gespielt wird. Das Endspiel gegen Frankreich endete trotz der Umstellungen mit einem 4:3-Sieg der Deutschen und bescherte Rau ihre zweite EM-Goldmedaille - sowie die Nominierung zu Hamburgs Sportlerin des Jahres 2007.

Längst hat Viktoria Rau ihr nächstes Ziel anvisiert: "Im Sommer will ich zur WM nach Kanada." Dafür muss sie den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen. Und dafür muss sie noch mehr trainieren, mindestens viermal die Woche: "Die Trainer sagen, dass ich weit mehr aus mir rausholen könnte." Für den Trip nach Nordamerika nimmt sie das zusätzliche Pensum gern in Kauf - auch wenn sie künftig noch weniger Zeit mit ihren Freunden verbringen und seltener am Wochenende zum Tanzen ausgehen kann.

Einen Freundeskreis hat Rau auch im Kanupolo, deutschlandweit. Da die Disziplin nicht zu den Volkssportarten gehört, kennen sich die meisten Aktiven von den vielen Turnieren am Wochenende. Ginge es nach Rau, sollten mehr Deutsche ihre Leidenschaft teilen. Was diese Sportart so besonders macht? "Sie ist sehr vielseitig. Man braucht eine gute Koordination, Überblick und Zielsicherheit. Am besten sollten die Leute mal bei uns beim Training vorbeischauen. Dann spüren sie die Faszination von allein."