Der deutsche Pilot hilft nicht nur dem Rennzirkus aus der Not. Langfristig rechnet sich die Investition auch für Mercedes.

Hamburg. Das Anliegen schien dringlich. "Weiß jemand, auf welcher Internetseite man schon Schumacher-Fanartikel mit Stern bestellen kann?", hieß es nicht nur einmal in den vielen Online-Foren zur Formel 1. Michael Schumachers Comeback, das wie ein Donnerschlag über die Szene hereinbrach, ist vor allem eins: ein planmäßig vorbereitetes Geschäft.

Mercedes-Sportchef Norbert Haug rechnet sich und den Angehörigen des kritischen Daimler-Betriebsrats den Schumacher-Vertrag schön. Sieben Millionen Euro in jedem der kommenden drei Jahre sind aus seiner Sicht nur eine Seite der Geschichte. Der "mediale Gegenwert" des Sensations-Deals würde diese Ausgaben um ein Vielfaches toppen. In den ersten beiden Tagen seit der Nachricht habe es 90 Millionen TV-Kontakte gegeben, "Schumacher zu Mercedes" war am 23. Dezember Spitzenmeldung selbst in seriösen Nachrichtensendungen. "Das ist einmalig in der Geschichte des Sports", sagte Haug. Mehr PR werde es 2010 allenfalls geben, "wenn Deutschland Fußballweltmeister wird".

Es liegt nahe, dass Formel-1-Boss Bernie Ecclestone in die Verhandlungen rund um das Schumacher-Comeback involviert war. "Fantastisch", pflegt der Brite zu sagen, und natürlich hat er seinen deutschen Musterpiloten "als Titelkandidaten auf der Rechnung". Denn die Marke Schumacher, der erfolgreichste Rennfahrer aller Zeiten, muss als Retter gleich für zwei Unternehmen in der Krise herhalten: Mercedes auf der einen, die Formel 1 auf der anderen Seite. Die Daimler AG steuert für dieses Jahr trotz Kurzarbeit und Lohnverzicht auf einen Milliardenverlust zu, der Betriebsrat kritisierte die Millioneninvestition scharf. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer zweifelte allerdings im Radio von "Bayern 2", dass Mercedes wegen Schumacher mehr Autos verkaufen werde.

Und der Grand-Prix-Zirkus muss nach goldenen Boomjahren kräftig auf die Bremse treten. Der Ausstieg von Herstellern wie BMW, Honda und Toyota, der Teilrückzug von Renault, Skandale um inszenierte Unfälle und das Gerangel um die Regel-Hoheit prägten die Schlagzeilen mehr als das Titelduell zwischen Jenson Button und Sebastian Vettel. Der letzte große Star der Szene, Michael Schumacher, soll es nun wieder richten.

Die Formel 1, lange als elitär kritisiert, sucht auf einmal die Öffentlichkeit. Mercedes will seinen neuen Angestellten, dessen Juniorpartner Nico Rosberg und den neuen Silberpfeil aus der Feder des Technikgenies Ross Brawn im Januar im Mercedes-Benz-Museum in Untertürkheim präsentieren. Am Hockenheimring wurde den Angestellten im Ticket-Center eine weihnachtliche Sonderschicht verordnet. Die Kartennachfrage für den Großen Preis von Deutschland am 25. Juli 2010 hat dramatisch angezogen. Dass der Fernsehsender RTL von einer "historischen Dimension" spricht, versteht sich von selbst.

Michael Schumacher darf man glauben, dass für ihn persönlich Geld keine Rolle mehr spielt. Sein Manager Willi Weber jedoch wird die acht Sponsoren seines Schützlings zu reaktivieren wissen. Nur an der Feineinstellung muss er noch arbeiten. Denn der Vertrag mit seinem langjährigen Partner Shell muss wegen des Teamvertrages mit dem malaysischen Ölunternehmen Petronas zumindest ruhen.

Mit Geld nicht zu kitten ist dagegen das zerbrochene Verhältnis zu Ferrari. Die Italiener zürnen dem siebenmaligen Weltmeister, der fünf Titel für die Roten gewonnen hat. Schumacher hat versucht, mit einer öffentlichen Liebeserklärung an die Italiener den Schaden zu begrenzen. "Ich werde Ferrari immer in meinem Herzen tragen, auch wenn wir jetzt Rivalen sein werden", schrieb er in einem offenen Brief an italienische Zeitungen. "Wir werden Freunde bleiben. Ich werde an die Wärme, Kraft und Hingabe zurückdenken, die ich von den Tifosi erhalten habe."

Doch jetzt beginne eine neue Phase für ihn, schrieb Schumacher weiter. "Ich wäre froh, wenn ihr neben den beiden Ferrari-Piloten auch mir einen Teil eurer Sympathie geben würdet." Die Ferraristi aber zeigen ihm die kalte Schulter. "Ab heute ist Schumacher ein Gegner wie jeder andere", sagte Ferrari-Pressesprecher Luca Colajanni. "Wir wollen ihn besiegen."

Schumacher hat sich erst einmal eine Auszeit genommen. Er fährt mit seiner Familie Ski.