ARD und ZDF übertragen 100 Stunden live - 2004 waren es nur zwölf.

Hamburg/Peking. Wenn Sir Philip Craven mit dem Flugzeug verreist, fühlt er sich manchmal wie ein Stück Gepäck, das irgendwie verstaut werden muss: "Es ist frustrierend, wie das Personal häufig uralte Verordnungen umsetzt und dabei vergisst, dass man ein voll zahlender Passagier ist", sagt der 58 Jahre alte Rollstuhlfahrer. Der Brite ist seit sieben Jahren Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), sein jüngster Flug führte ihn nach Peking. Dort werden am Sonnabend die Sommerspiele der Sportler mit körperlichen Behinderungen eröffnet. Der Funktionär, der im Alter von 16 Jahren beim Felsklettern verunglückte, hofft, dass der Behindertensport mit diesen Spielen weiter an Akzeptanz gewinnt. "Paralympische Athleten sind Menschen wie alle anderen. Mein Credo lautet, sich unterscheiden und doch sehr ähnlich sein", erklärt Craven. Mit mehr als 4000 Teilnehmern aus 150 Ländern sind die Paralympics eine der größten Multisportveranstaltungen der Welt.

472 Entscheidungen stehen in 20 Disziplinen auf dem Programm. ARD und ZDF berichten 100 Stunden live, vor vier Jahren in Athen waren es zwölf. 176 deutsche Sportler gehen bei den bis zum 17. September andauernden 13. Paralympics an den Start. "In Sydney haben wir im Medaillenspiegel den zehnten, in Athen den achten Platz belegt. Jetzt wollen wir noch mal einen Sprung nach vorne machen", erklärt der deutsche Chef de Mission, Karl Quade aus Leverkusen.

Erstmals konnten sich 54 Sportler des deutschen "Top-Teams" unter besonderen Bedingungen vorbereiten. Eine von Bundespräsident Horst Köhler initiierte Sponsorenkampagne ermöglichte es ihnen, sich seit 2006 zu 50 Prozent von ihrer Arbeit freistellen zu lassen. Auch Paralympicssiegerin und Weltmeisterin Kirsten Bruhn (Neumünster), die sich in Peking in fünf Schwimmdisziplinen Medaillenchancen ausrechnet, profitierte davon. "Das ist eine fantastische Unterstützung, die man mit Geld gar nicht aufwiegen kann, und dafür bin ich sehr, sehr dankbar", sagt Bruhn. Goldhoffnungen ruhen auch auf den Tischtennisspielern Daniel Arnold (München) und Holger Nikelis (Köln), dem Kieler Segler Heiko Kröger, den Radsportlern Michael Teuber (München) und Andreas Eskau (Magdeburg) sowie Sportschützin Manuela Schermund (Mengshausen). Mindestens ins Finale wollen die deutschen Frauen im Rollstuhlbasketball mit drei Hamburgerinnen im Team.

"Wir haben uns akklimatisiert, jetzt kann es losgehen", sagt Ulf Mehrens. Der 52 Jahre alte Hamburger, Vorsitzender des Deutschen Rollstuhl-Sportverbandes, ist der stellvertretende Chef de Mission. Die Bedingungen, die die Mannschaft in Peking vorgefunden hat, sagt Mehrens, "sind hervorragend. Alles ist behindertengerecht. Die Chinesen versuchen uns alle Wünsche zu erfüllen."

Dass IPC-Präsident Craven einen Zusammenschluss mit Olympia ablehnt, hat andere Gründe als das wachsende Interesse an seiner Veranstaltung. "Das wären 15 000 Athleten. Ich sehe logistische Probleme. Aber wer weiß, was in 20 Jahren passiert."