Training, Ernährung, Sex: Was Laufexperte Thomas Wessinghage für den Endspurt zur großen Schleife durch Hamburg empfiehlt.

Hamburg. Die schlechte Nachricht zu Beginn: Wer bisher nicht die Grundlagen für seinen Start beim Conergy-Marathon gelegt hat, dem kann selbst Laufguru Thomas Wessinghage nicht mehr helfen. "14 Tage vor dem Marathon nützt keine Trainingseinheit mehr", erklärt der Europameister über 5000 Meter von 1982, der heute in seinen Laufseminaren auch scheinbar hoffnungslose Langstrecken-Aspiranten für die 42,195 Kilometer lange Herausforderung fit macht. Seinen Schützlingen versucht er die Freude am Laufen zu vermitteln: "Der Spaßfaktor zählt."

Allen, die sich für die große Schleife bereit fühlen, empfiehlt der Experte in den verbleibenden fünf Tagen ruhig ein paar Gänge herunterzuschalten, beruflich wie privat den einen oder anderen Termin weniger wahrzunehmen. Relaxen auf der Couch ist ausdrücklich erlaubt. "Wen die innere Unruhe doch zum Laufen treibt, der sollte es ruhig angehen lassen. Eine halbe Stunde mit regenerativem Charakter ist okay." Für die Übrigen lautet die einfache Antwort auf die Frage nach dem richtigen Trainingsumfang: "Gar nichts tun!"

Für Deutschlands besten Mittelstreckler der 70er- und 80er-Jahre und heutigen ärztlichen Direktor und Geschäftsführer der Rehaklinik im schleswig-holsteinischen Damp gehört eine gewisse innere Ruhe zum Geheimrezept für einen erfolgreich absolvierten Marathon. Zu dieser trägt ausreichend Schlaf bei. "Entzug ist sicher nicht gut, einfach im üblichen Rahmen bleiben", rät der 55-Jährige. Das gelte auch für das sonstige Bettgeschehen: "Das körperliche Wohlbefinden ist entscheidend. Wer Lust hat, kein Problem." Mit einem neuen Partner allerdings sollte man in der Nacht vor dem Rennen nicht unbedingt eine Beziehung beginnen. Das sei zu stressig.

Bloß keine Experimente lautet Wessinghages Empfehlung auch in Sachen Ernährung. "Man sollte das essen, was man immer isst." Am Tag vor dem Lauf sind ausreichend Kohlenhydrate Pflicht. "Ob die nun in Form von Pasta, Pizza oder Kartoffelgratin zu sich genommen werden, ist gleich", sagt der 22-malige deutsche Meister, der weiter die nationalen Rekorde über 1500 und 2000 Meter hält. Zum Früstück sollte am Tag des Marathons aber besser Weißbrot mit Belag nach Wahl statt Müsli auf den Tisch kommen.

Wer dann noch auf genug Flüssigkeit im Körper achtet, dem kann kaum etwas passieren. Es sei denn, er legt auf der Strecke übertriebenen Ehrgeiz an den Tag. "Jeder möchte vernünftig im Ziel ankommen", sagt Orthopäde Wessinghage, der am Sonntag mit einer Gruppe in 3:07 Stunden den Marathon in London lief. "Ich versuche, die Leute immer darauf aufmerksam zu machen, dass es beim Marathon nicht um Leben und Tod geht: besser eine gesetzte Zeitmarke nicht erreicht als seine Gesundheit gefährdet."

Wohlbehalten und glücklich im Ziel angekommen zu sein - das ist in der Tat eine gute Nachricht zum Schluss.