Ein Marathonlauf ist 42,195 Kilometer lang - und meistens sieht man die Teilnehmer nur am Start und im Ziel. Moderne Technik ermöglicht es jetzt, jeden Läufer auch unterwegs zu finden.

Wenige Minuten nach dem Start des Marathonlaufs in San Diego erscheint auf dem Handy von Brendan Burke eine SMS mit der ersten Zwischenzeit seiner Frau. Bis zum Zieleinlauf nach 42,195 Kilometern wird Brendan auf dem Laufenden gehalten, auch wenn er zu Hause in New Jersey bleiben musste und seine Frau nicht an der Strecke in Kalifornien anfeuern kann.

Immer mehr Marathon-Veranstalter in den USA, aber auch in Deutschland, wollen mit solchen Angeboten Freunden und Angehörigen der Teilnehmer das Mitleiden unterstützen. "Stets konnte ich sehen, welche Zeit sie gerade hatte und mir damit vorstellen, wie sie sich fühlte", sagt der 33-jährige Brendan Burke zum Marathon-Debüt seiner Frau. "Das gab mir wirklich das Gefühl, als ob ich mit ihr laufen würde."

Auf Gummimatten werden die Informationen ausgelesen

Beim Marathonlauf in Boston am vergangenen Montag konnte man online bis zu fünf Läufer auswählen, deren Zeiten man angezeigt bekommen möchte. Im vergangenen Jahr meldeten sich bereits mehr als 10000 Teilnehmer und damit etwa jeder Zweite zu diesem Service an. In Chicago gibt es Informationen direkt an der Strecke. Freiwillige stehen mit einem Notebook bereit und geben Auskunft über die Zwischenzeiten.

Das Geheimnis steckt im Schuh. Die Läufer sind mit Schuhen unterwegs, denen ein "RFID-Chip" ("Radio Frequency Identification") in die Sohle oder an die Schuhbänder gefügt wurde. An mehreren Abschnitten der Strecke laufen die Teilnehmer über große Gummimatten, von denen die Informationen des Funkchips ausgelesen werden. Teilnehmer- nummer und Zeit werden gespeichert und an eine zentrale Datenbank gefunkt. Von dort aus werden die Zeiten auf einer Website für gezielte Abfragen bereitgestellt oder an registrierte Nutzer in einer SMS oder E-Mail übermittelt. Das Ganze dauert nur zwei bis vier Sekunden.

Und in Deutschland? Beim Berliner Marathon am 30. September kommt erstmals eine modifizierte Ver-sion der RFID-Chips des deutschen Herstellers Mika Timing zum Einsatz. Alle fünf Kilometer laufen die Teilnehmer über eine Matte. Ein EDV-System rechnet dann hoch, in welcher Zeit der Läufer den nächsten Punkt voraussichtlich erreichen wird.

Die Veranstalter des Hamburger Conergy-Marathons, der am 29. April gestartet wird, sieht vorerst keinen Grund, sein Angebot für die Teilnehmer zu ändern. "Wir haben ein gut funktionierendes System", sagt Marathon-Chef Wolfram Götz. Auch in Hamburg liegen Gummimatten auf der Strecke, in diesem Jahr sogar alle fünf statt wie bisher alle zehn Kilometer. Die sogenannten "Champion-Chips" erfassen auch hier die Zeit, rechnen sie aber nicht hoch. Für die Zukunft wollen aber auch die Hamburger über eine weitere Modernisierung ihres Systems nachdenken.

Jetzt wird auch schon mit GPS-Technik experimentiert

Beim Marathonlauf in New York ist ein anspruchsvolles System schon seit sieben Jahren im Einsatz. In diesem Jahr (am 4. November) können sich die Läufer aussuchen, auf welchem Weg die Daten von elf Streckenpunkten übertragen werden sollen. "Wir müssen unsere Veranstaltungen so attraktiv und aufregend wie möglich machen", sagt der Sprecher des New-York-Marathons, Richard Finn.

Denn die Konkurrenz schläft nicht. Beim Houston-Marathon kann man den Lauf einzelner Teilnehmer auf einer Online-Karte verfolgen. Nach dem Lauf gibt es detaillierte Zusammenfassungen und Video-Clips. Der im Startgeld von 75 Dollar (56 Euro) enthaltene Service freut auch die Sponsoren. Denn damit steigen die Zugriffe auf die Webseiten des Veranstalters mit den Werbehinweisen.

Zu den führenden Anbietern von Zeitabnahmesystemen bei Laufwettbewerben gehören ChampionChip in Nijmegen, Active.com in San Diego und Mika Timing in Köln. Neben den bewährten RFID-Systemen wird jetzt auch schon mit GPS-Techniken experimentiert. In San Diego und in Nashville können die Läufer in diesem Jahr ein kleines Handy mitführen, das die mitfiebernden Fans jederzeit über die aktuelle Position unterrichtet.

Wenn es gut läuft, freuen sich alle mit. Aber wenn das "Online-Tracking" anzeigt, dass es auf der endlos langen Strecke offenbar zu Problemen kommt, dann bleibt der Läufer oder die Läuferin mit diesen völlig allein - und plagt sich obendrein mit der Vorstellung, dass Freunde und Verwandte jetzt ebenfalls am Verzweifeln sind.

Als zum Beispiel Nadine Valco im vergangenen November beim Marathonlauf in New York Magenkrämpfe bekam und zurückfiel, quälte sie sich beim Gedanken an ihre Freunde und Kollegen in Ohio nur umso mehr: "Die ganze Zeit habe ich auf der Strecke gedacht: Jetzt weiß jeder in Columbus, dass das Rennen nicht so gelaufen ist, wie ich es mir erhofft habe.`"

Infos im Internet:

www.marathon-hamburg.de

www.nycmarathon.org

www.rnrmarathon.com

www.bostonmarathon.org

www.mikatiming.de

www.championchip.com

http://active.com

www.marathon.de