Schwimmen: Franziska van Almsick holt ihren ersten Einzeltitel seit 1995 - und will aufhören.

Berlin. Norbert Warnatzsch verrutschte bei so viel Innigkeit die Brille. Franziska van Almsick lag in seinen Armen und drückte ihren Trainer voller Dankbarkeit ganz fest an sich. Sieben Jahre nach den Europameisterschaften in Wien hatte die 24-Jährigen wieder einen internationalen Einzeltitel gewonnen. Mit dem erlösenden Sieg über 100 Meter Freistil endete für sie endgültig eine lange Leidenstrecke. Und: Noch nie war sie über diese Distanz schneller. In 54,39 Sekunden egalisierte sie zudem den zwei Jahre alten deutschen Rekord Antje Buschschultes. "Das ist alles Wahnsinn", meinte van Almsick, "ich bin so glücklich, so glücklich wie noch nie in meinem Leben." Ihr Freund, der Handballer Stefan Kretzschmar, dem sie vor dem Start via Kamera noch einen Kuss zuwarf, hatte ihr Rennen, das sie erst im Schlussspurt, dann aber deutlich, entschied, angespannt zu Hause in Magdeburg im Fernsehen verfolgt. Drei EM-Titel, zuvor zwei mit den deutschen Freistil-Staffeln, haben bei Franziska van Almsick Spuren hinterlassen. Den für heute geplanten Start über 100 Meter Schmetterling sagte sie nach Rücksprache mit ihrem Trainer und der Mannschaftsleitung ab. "Die 200 Meter Freistil am Sonnabend haben Priorität", erklärte Warnatzsch. Ihren Appetit aber hat Franziska van Almsick über all die Anstrengungen nicht verloren. "Ich glaube, ich habe ein bisschen zugenommen", gestand sie, "das Essen im Deutschen Haus' schmeckte mir in den vergangenen Tagen wohl zu gut." Nach dem Einschwimmen musste sie deshalb den Badeanzug wechseln. "Der alte spannte etwas", sagte sie und grinste. Ihr Hunger auf weitere sportliche Erfolge scheint dagegen begrenzt. Schon vor Jahren hatte sie sich nur noch ein Ziel gesetzt, ihren Weltrekord über 200 Meter Freistil zu verbessern. Den hatte sie 1994 bei ihrem WM-Sieg in Rom als 16-Jährige geschwommen. In Berlin ist sie jetzt erstmals wieder in der Form, in die Nähe dieser Zeit zu kraulen. Es könnte der finale Akt in der Karriere der Franziska van Almsick werden. Ihren engsten Weggefährten vertraute sie an: "Schwimme ich in Berlin Weltrekord, höre ich auf." Es gebe nichts Schöneres, als mit einem großen Knall abzutreten. Eine neue Aufgabe stünde für sie schon bereit. Jürgen Greve, ehemaliger Hamburger Olympiastützpunktchef und jetzt Vermarkter des Deutschen Schwimmverbandes, will künftig die gesundheitlichen Vorzüge der Sportart stärker propagieren. Motto seines Projekts: Mit Schwimmen können Sie lebenslang etwas für ihre Gesundheit tun! "Franziska", sagt er, "wäre das ideale Vorbild für diese Kampagne."