Schwimmen - Thomas Rupprath und Jana Henke setzten die deutsche Erfolgsserie bei der EM fort.

Berlin. Am Tag, an dem Franziska van Almsick abseits stand und in den Katakomben der Schwimmhalle des Europaparks nur wenige ausgewählte Interviewwünsche mit ernster Miene erfüllte, setzte sich ein strahlender Thomas Rupprath sponsorengerecht ins Fernsehbild. Der 25-Jährige ge-wann mit den 50 Meter Rücken seinen ersten bedeutenden Titel auf der Langbahn. Während der neue Europameister seinen Triumph sichtlich genoss, jubelte sein Manager Stefan Füg (IMG) in Hamburg vor dem Bildschirm: "Auf diesen Sieg haben wir alle ge-wartet. Jetzt kann die Maschinerie anlaufen" Von Fügs Arbeitsergebnissen hängt jetzt die weitere Le-bensplanung Ruppraths ab. Gelingt es ihm, den Weg des Schwimmers bis zu Olympia 2004 in Athen mit Verträgen zu pflastern, würde er dem Kriegsdienstverweigerer den Eintritt in die Bundeswehr ersparen. Den hatte Rupprath für erwogen, um als Sportsoldat dem Vaterland weiter im Becken dienen zu können. Er mag sich bei diesen Gedankenspielen an seinem Chemnitzer Dauerrivalen Stev Theloke (24) orientiert haben, der seit Jahren seine großzügig besoldeten Feldzüge im Wasser führt. Und beinahe hätte der Europameister über 100 Meter Rücken auch über die Hälfte der Distanz Rupprath ausmanövriert. "Drei Meter noch, und ich hätte ihn gehabt", ätzte Theloke, der das Gold schon beim Start verloren hatte. Weil er - wie gewohnt - 14 Hundertstelsekunden später reagierte, wurde er zum erfolglosen Jäger. Die Zeit versöhnte ihn jedoch. Mit 25,12 Sekunden blieb er noch unter dem alten Europarekord, den Rupprath erst am Vortag im Halbfinale auf 25,00 Sekunden verbessert hatte. Der Champion wiederum verpasste seine neue Orientierungsmarke um sechs Hundertstel. "Ich war etwas verkrampft, weil es doch um sehr viel für mich ging. Ich ha-be nicht so viel Druck aufs Wasser ausüben können", erklärte Rupprath. Doch mit Stolz und Selbstbewusstsein fügte er hinzu: "Es ging heute nicht um Zeiten, sondern allein um den Titel. Und weit wichtiger noch: Wir haben bewiesen, dass es im deutschen Schwimmsport neben Franzi noch andere Hochkaräter gibt. Die deutschen Männer müssen sich nicht vor ihr verstecken. Wir sind ebenfalls Weltklasse." Mit weit größeren Abständen als die männlichen Rückenmedaillen waren zuvor die 800 Meter Freistil der Frauen entschieden worden. Jana Henke, 28 Jahre alte Medizinisch Technische Assisten-tin aus Potsdam, kraulte dabei das Rennen ihrer Karriere. Gleich um 6,47 Sekunden unterbot sie ihre persönliche Bestmarke und siegte in 8:23,83 Minuten vor der Ungarin Eva Risztov (8:28,06) und Doppel-Weltmeisterin Hannah Stockbauer (8:30,97), die sich in dieser Saison auf ihr Abitur (Schnitt: 3,4) konzentrierte. Nur sechs Schwimmerinnen waren jemals schneller als Jana Henke gestern. Ihr zweiter Titelgewinn über diese Strecke nach 1993 machte sie dennoch fassungslos: "Es ist einfach Wahnsinn. Mit dieser Zeit wäre ich im vergangenen Jahr Weltmeisterin geworden. Jetzt kann ich mir sogar vorstellen, bis zur WM 2005 in Kanada weiterzumachen." Der Grund ihrer Leistungssteigerung: Mit einer speziellen Diät hatte sie zuletzt fünf Kilogramm abgenommen. Jetzt wiegt sie bei 1,70 Meter Größe nur noch 59 Kilogramm. Ein Schwergewicht bleibt aber die deutsche Mannschaft. Sowohl in der Medaillenwertung der Schwimmer (7-3-2) als auch der Springer (3-2-1) liegen die EM-Gastgeber klar vorn. Das Synchron-Duo Andreas Wels/Tobias Schellenberg holte Silber vom Drei-Meter-Brett.