Für Galatasarays technischen Direktor Karl-Heinz Feldkamp ist die Stadt am Bosporus zur dritten Heimat geworden. Trotzdem will der 74-Jährige ab Juni nur noch Berater sein. Das erwartet den HSV in den Duellen gegen Galatasaray.

Istanbul. Beyaz Tilki (dt.: grauer Fuchs), wie er in Istanbul bisweilen auch genannt wird, sieht eigentlich noch genauso aus wie früher, nur dass sein Haar mittlerweile weiß statt grau ist. Karl-Heinz Feldkamp - wie immer gut gebräunt - schlägt vor, sich eine ruhige Ecke in der Lobby des edlen Renaissance- Hotels zu suchen, wo er mit seiner Frau seit November wohnt.


Abendblatt:

Herr Feldkamp, wann waren Sie das letzte Mal in Ihrem Domizil bei Marbella?

Karl-Heinz Feldkamp:

Das ist schon viel zu lange her. Als ich zuletzt mit meiner Frau im November in Spanien war, wurde ich aus der Türkei angerufen - zwei Tage später war ich bei Galatasaray der neue Berater des Vorstands.



Abendblatt:

Dabei wollten Sie sich nach Ihrem Karriereende doch endgültig nach Marbella zurückziehen. Könnte dieser Moment mit fast 75 Jahren nicht bald erreicht sein?

Feldkamp:

Mein Vertrag endet ja im Sommer. Und als Berater darf ich mir außerdem den Luxus erlauben, in einem anderen Rhythmus als ein Trainer zu arbeiten. Ich möchte mir in meinem Alter den täglichen Stress auf dem Trainingsplatz auch nicht mehr antun. Andererseits bin ich schon noch in der Lage, mit meiner ganzen Energie Galatasaray zu helfen.



Abendblatt:

Glauben Sie ernsthaft, dass Präsident Adnan Polat Sie im Sommer gehen lässt?

Feldkamp:

Das muss er wohl. Aber es ist schon paradox: Wegen Differenzen mit Polat habe ich im April 2008 meinen Job als Trainer hingeschmissen. Und ebendieser Polat hat mich dann ein halbes Jahr später als seinen Berater zurück nach Istanbul geholt. Ich bin zwar gerne bereit, nach dem Sommer weiterhin beratend tätig zu sein, aber in offizieller Funktion ist für mich dann Schluss. Ich möchte einfach nicht mehr in Istanbul im Hotel wohnen.



Abendblatt:

Warum haben Sie sich im November überhaupt dazu entschlossen, ein drittes Mal in Istanbul anzuheuern?

Feldkamp:

Ich habe den Verantwortlichen klar gesagt, dass es den Trainer Feldkamp in Istanbul nicht mehr geben wird. Aber sie wollten mich trotzdem als Berater verpflichten. Präsident Polat bat mich zu kommen, also bin ich gekommen. Ich sollte hier alte Zöpfe abschneiden und neue Strukturen schaffen. Außerdem ist Istanbul eine Art dritte Heimat nach Deutschland und Spanien geworden.



Abendblatt:

Michael Skibbe, der im Februar als Galatasaray-Trainer entlassen wurde, bezeichnete Istanbul als "Überlebenstraining". Warum bekam Ihnen dieses Training im Gegensatz zu Skibbe so gut?

Feldkamp:

In Istanbul ist das ganz einfach: Wenn man Erfolg hat, dann wird man in ein Boot gesetzt und über den Bosporus kutschiert. Wenn man aber keinen Erfolg hat, dann sollte man zusehen, dass man schwimmen kann.



Abendblatt:

Skibbe wollte man zuletzt nicht einmal mehr Schwimmflügel gewähren.

Feldkamp:

Wenn man bei Bayern München als Trainer anfängt, muss man Meister werden. Das Gleiche gilt auch für Istanbul - nur dass es hier mit Galatasaray, Fenerbahce und Besiktas gleich drei Mannschaften gibt, die alle Meister werden müssen. Und da Galatasaray auch noch amtierender Meister ist, hatte Skibbe von Anfang an sehr großen Erfolgsdruck ...



Abendblatt:

... dem er nicht gerecht wurde. Was erwarten Sie jetzt von den Achtelfinalspielen gegen die Hamburger, nachdem es für "Gala" in der türkischen Liga bislang nur mäßig läuft?

Feldkamp:

Wenn wir so spielen wie zuletzt gegen Bordeaux, haben wir beste Chancen, das Viertelfinale zu erreichen. Allerdings muss man auch bedenken, dass uns hier ganz wichtige Leute fehlen. Mir wäre etwas wohler zumute, würden dem HSV auch vier Schlüsselspieler fehlen.



Abendblatt:

Ist es ein Vorteil für Sie, dass der HSV die letzten beiden Spiele verloren hat?

Feldkamp:

Ganz im Gegenteil. Wir dürfen nicht glauben, dass der HSV gegen uns genauso auftritt wie zuletzt gegen Mönchengladbach. Nach diesen beiden Niederlagen stehen die Hamburger mit dem Rücken zur Wand - genau wie wir auch. Es werden auf jeden Fall zwei sehr spannende Spiele.



Abendblatt:

Welchen Hamburger würden Sie in Ihrer Funktion als Berater des Vorstandes gerne nach Istanbul locken?

Feldkamp:

Da gibt es viele Spieler, die das Zeug dazu haben. Aber unser Problem ist, dass wir in der Türkei nur sieben Ausländer einsetzen dürfen, das ist international natürlich ein großer Nachteil. Letztens habe ich gesehen, wie Arsenal London Fenerbahce Istanbul mit 5:1 auseinandergenommen hat. Während Fenerbahce fast nur mit Türken spielte, stand bei Arsenal gerade mal ein Engländer auf dem Platz. Und auch im HSV-Kader habe ich nur vier Deutsche entdeckt.



Abendblatt:

Eine letzte Frage an den Türkei-Experten Feldkamp: Kalbs- oder Hähnchendöner?

Feldkamp:

Fisch!



Lesen Sie morgen: So viel Deutschland steckt im Kader von Galatasaray Istanbul.