Die Küche ist mit einem Wort zu überschreiben: Deftig. Die Cholesterin-Debatte scheint an diesem Landstrich vollkommen vorbei gegangen zu sein. Zum Glück gibt es noch Fisch und den Ostfriesentee - bei dieser Zeremonie zeigt sich der wahre Friesenkenner

Grünkohl auch Ostfriesenpalme genannt, ist im Norden ein richtiges Kulturgewächs. Er muss bereits ersten Frösten ausgesetzt gewesen sein, damit er die Bitterstoffe verliert. Dann kommt er vor Fett glänzend auf den Tisch, wird von Kassler, einer dicken Grützwurst mit der ominösen Beschreibung Pinkel begleitet und erhält sein I-Tüpfelchen durch scharfen Senf und starken Schnaps - letzteres hilft, das Mahl zu überleben und sei daher dringend angeraten.


Matjes Der Kaviar der Nordsee ist der Matjes. Allein in Emden werden mehrere tausend Tonnen Hering zu Matjes verarbeitet, indem man ihn bei niedrigen Temperaturen acht Wochen lang in einer milden Salzlake "heranreifen lässt". Mit saurer Sahne, Apfelscheiben und Zwiebelringen wird das einstige "Arme-Leute-Essen" zu einer Delikatesse. Wer seinen Matjes zünftig verspeisen möchte, der packt ihn am Schwanz und lässt ihn "sutje in die Luke runter".


Nordseegarnelen Granat wird diese köstliche Delikatesse aus dem Meer auch genannt. Wird das kleine Krabbeltier frisch aus dem Meer geholt, ist es durchsichtig und hat einen fast glasartigen Panzer. Noch an Bord der Krabbenkutter werden die aus der Garnelen-Familie stammenden Tierchen aus den feinen Netzen in den Kochtopf befördert, wonach sie erst ihre charakteristische, rosa Farbe annehmen. Am schönsten ist es natürlich, sie direkt vom Kutter zu kaufen.


Labskaus ist eines der typischen Nordseegerichte. Es stammt aus der Seefahrt und ist eigentlich ein Reste-Essen: Es besteht aus einem Brei aus Kartoffeln mit Corned Beef, Zwiebeln, Roter Bete, sauren Gurken und Matjes, gekrönt von einem Spiegelei. Fast alles, was sich in der Kombüse noch so fand - aber diesem findigen Smutje sei Dank, wenn Labskaus auch etwas bedenklich aussieht, schmeckt es doch überraschend gut. Mehlbüddel Während die meisten Gerichte aus dem hohen Norden, auch andernorts Eingang auf die Speisekarte gefunden haben, hat der Mehlbüddel die regionalen Grenzen noch nicht überwunden. Er entpuppt sich als ein im Tuch gekochter Mehlkloß, den man mit Backobst, frischen Früchten, Kirschsoße und Bratkartoffeln mit Rauchfleisch verspeist.


Birnen, Bohnen und Speck Ebenfalls ein Gericht, das die Kombination aus herzhaften und süßen Geschmacksrichtungen vereint und bundesweit den Durchbruch bereits geschafft hat, auf den der Mehlbüddel noch wartet.


Lamm bietet sich natürlich geradezu an und wird in allen erdenklichen Variationen serviert. Salzwiesenlamm ist dabei besonders fein im Geschmack.


Tee Man glaubt es kaum, aber ausgerechnet für ein Getränk, das am anderen Ende der Welt produziert wird, haben die Friesen eine wahre Besessenheit entwickelt. Erst im 17. Jh. wurde es an der friesischen Küstenregion eingeführt. Bis dato erfreuten sich vor allem alkoholische Getränke allerhöchster Beliebtheit - was wiederum die Kirchenoberen nervös machte. Tee übernahm die Rolle von Hochprozentigem nicht zuletzt aufgrund stark gesunkener Preise - die Pastoren konnten aufatmen. Heute wird in Ostfriesland pro Kopf jährlich 2,4 kg Tee verbraucht - das ist fast soviel wie in England.
Die Zubereitung des Tees wird von einer regelrechten Zeremonie begleitet. Zuerst kommt Kluntje (Kandis) in die Tasse, darauf folgt der Tee, so dass es herrlich knackt, wenn er über den Kandis läuft und hernach das Sahnewölkchen mit einem speziellen Löffelchen. Dann auf keinen Fall umrühren, ansonsten ist man ein unverbesserlicher Barbar. Wer genug Ostfriesentee zu sich genommen hat, stellt den Löffel in die Tasse und signalisiert damit, dass er genug hat, ansonsten wird endlos weiter eingeschenkt, mindestens aber dreimal. Einige sagenhafte Bräuche werden immer wieder erzählt. Einige schwören demnach bei der Zubereitung auf Regenwasser, andere benutzen ihr Leben lang die gleiche Teekanne.