SPD und Grüne treffen nach dem Wahlsieg in Niedersachsen erste Personalentscheidungen. David McAllister braucht Bedenkzeit.

Hannover. Der scheidende Ministerpräsident David McAllister trägt schwer an der Niederlage, absolvierte am Dienstag einen regelrechten Spießrutenlauf im Landtag angesichts der immer gleichen Fragen über seine Zukunft. Sein sozialdemokratischer Gegenspieler und designierter Nachfolger Stephan Weil dagegen gab vergnügt Auskunft: Noch am Abend trafen sich die Spitzen von SPD und Grünen, um nur zwei Tage nach der knapp gewonnenen Landtagswahl die Weichen für einen raschen Machtwechsel zu stellen.

In den kommenden Wochen werden sich dann Verhandlungskommissionen beider Parteien nacheinander durch alle Themenfelder der Landespolitik arbeiten müssen auf der Suche nach tragfähigen Kompromissen. Erklärtes Ziel ist es, die Koalitionsvereinbarung vor der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 19. Februar bereits unter Dach und Fach zu bringen. Für das Wochenende davor haben beide Organisationen Parteitage angesetzt, um sich die konkreten Politikziele für die fünfjährige Legislaturperiode von der Basis absegnen zu lassen.

Beide großen Fraktionen trafen bei ihren konstituierenden Sitzungen am Dienstag bereits Personalentscheidungen. Die auf 54 Abgeordnete geschrumpfte CDU-Fraktion wird weiter von Björn Thümler geführt, der einstimmig im Amt bestätigt wurde. Die SPD-Fraktion wählte die bisherige parlamentarische Geschäftsführerin Johanne Modder zur neuen Fraktionschefin mit 47 Jastimmen bei einer Neinstimme. Modder wird künftig eine Schlüsselrolle spielen. SPD und Grüne müssen angesichts der Mehrheit von nur einer Stimme unbedingt geschlossen abstimmen. CDU-Fraktionschef Thümler machte schon klar, dass die CDU darauf hofft, die Mehrheit könne kippen: "Ich bin gespannt, ob sie diese eine Stimme immer an Bord haben." Er versicherte, die CDU als stärkste Fraktion "steht jederzeit bereit, Verantwortung zu übernehmen". SPD und Grüne verfügen über 69 und CDU und FDP über 68 Mandate.

Ob Noch-Ministerpräsident David McAllister zu einem späteren Zeitpunkt doch noch Fraktionschef und damit Oppositionsführer werden will, ist offen. McAllister hat sich für alle seine Entscheidungen eine Bedenkzeit von 14 Tagen ausgebeten und bislang nur klargemacht, dass er CDU-Landesvorsitzender bleiben will.

Offen ließ die CDU nach ihrer Sitzung auch die Frage, wen sie für das Amt des Landtagspräsidenten nominieren wird. Diese Position geht traditionsgemäß an die größte Fraktion. Als Kandidat mit dem nötigen Gewicht gilt der bisherige Justizminister Bernd Busemann. FDP und Grüne tagten auch, trafen aber noch keine Personalentscheidungen. Bei den Grünen dürfte das auch mit der Frage zusammenhängen, welche Abgeordneten ins Kabinett wechseln. Erwartet wird, dass Spitzenkandidatin Anja Piel sich um den Fraktionsvorsitz bewirbt und der bisherige Amtsinhaber Stefan Wenzel als Minister und Vizeregierungschef ins Kabinett wechselt.

Der FDP-Landesvorsitzende und bisherige Umweltminister Stefan Birkner sorgte hingegen für Klarheit: Er wird nicht für das Amt des Fraktionschefs kandidieren, sondern hat den bisherigen Amtsinhaber Christian Dürr zur Wiederwahl vorgeschlagen.

In der CDU-Fraktion fehlen künftig Schwergewichte, aus der bisherigen Ministerriege ist nur noch Busemann (Justiz) dabei. Mit Bernd Althusmann (Kultus), Aygül Özkan (Soziales) und Uwe Schünemann (Innen) haben gleich drei CDU-Kabinettsmitglieder ihre Wahlkreise nicht gewinnen können. Ob die 41-jährige Özkan in Hannover bleibt oder nach Hamburg zurückkehrt, wo auch Mann und Kind leben, ist noch offen. Bedeckt halten sich auch der 38-jährige Schünemann und der 46-jährige Althusmann. Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen rechnete vor, dass alle drei jetzt noch drei Monate das volle Amtsgehalt von 12.750 Euro erhalten und dann weitere 19 Monate die Hälfte, also 6375 Euro. Danach profitieren sie von ihrer Zeit im Landeskabinett erst wieder mit dem 60. Lebensjahr. Der scheidende Ministerpräsident McAllister wird dagegen keinen Anspruch auf Ruhegehalt haben, seine Amtszeit war zu kurz.