Sie sind die ertragreichsten Fischgründe der Erde, liefern mindestens 20 Prozent des weltweiten Fischfangs, obwohl sie nur 0,1 Prozent der Ozeanfläche ausmachen: die Küstenauftriebsgebiete. Im Atlantik, vor der Küste Marokkos, entdeckten Bremer Forscher jetzt deutliche Spuren des Klimawandels. Diese schildern sie in der heutige Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Science".

Wie Umwälzpumpen befördern Meeresstreifen vor der Küste Kaliforniens, Südafrikas, Australiens, der Iberischen Halbinsel oder vor Nordwestafrika kaltes, nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche. Deshalb gibt es dort viel Plankton, Nahrungsgrundlage für Fische und andere Meeresbewohner. Der Motor dieser Umwälzpumpen sind Winde, die parallel zur Küste verlaufen. Die Strömung in diesen Gebieten "ist in den vergangenen 30 Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen 2500 Jahren stärker geworden. Es gelangt zunehmend mehr kaltes und nährstoffreiches Wasser an die Oberfläche", sagt Dr. Stefan Mulitza vom Marum (Uni Bremen), einer der Autoren der Studie. Im 20. Jahrhundert sei die Temperatur um etwa 1,2 Grad Celsius gesunken - obwohl die globale Temperatur um 0,8 Grad Celsius angestiegen ist. "Der scheinbar paradoxe Zusammenhang zwischen mehr Treibhausgas, höheren Temperaturen in der Atmosphäre und sinkenden Wassertemperaturen lässt sich erklären", sagt Mulitza. Land und Wasser heizen sich infolge des Treibhauseffektes unterschiedlich schnell auf. Damit steigen die Druckunterschiede in der Atmosphäre über Land und Ozean, es wird windiger. "Dies hat zwei Folgen: Zunehmende Winde und Erdrotation sorgen dafür, dass verstärkt küstennahes Oberflächenwasser auf das offene Meer verdriftet wird. Diese Warmwassermassen werden dann durch kühles Wasser aus tieferen Ozeanschichten ersetzt. Der Treibhauseffekt kurbelt also die Kaltwasserpumpe an."

Auch vor Kalifornien wurde dieser Effekt beobachtet. Dort führte das bessere Nährstoffangebot zu einer Planktonblüte. Das Absterben dieser Kleinstlebewesen löste dann einen Sauerstoffmangel aus - ein massenhaftes Fischsterben war die Folge. Ob vor Marokko der Fischreichtum befördert wird oder es zum Fischsterben kommt, können die Forscher noch nicht beurteilen. Deshalb werden sie weitere Studien durchführen.

Die jetzigen Kenntnisse der Bremer Wissenschaftler basieren auf der chemischen Analyse eines fünf Meter langen Bohrkerns. Er war 1999 im Rahmen einer Expedition des Forschungsschiffes "Meteor" vor dem marokkanischen Kap Ghir in 355 Meter Tiefe aus dem Meeresboden entnommen worden. "Die fünf Meter reichen, um 2500 Jahre zurückblicken zu können", so Mulitza. In zwei Zentimeter Sediment steckt somit die Klimageschichte von zehn Jahren. Um den Einfluss des Kohlendioxids zu ermittelten, nahmen die Wissenschaftler den Kohlenstoffkreislauf unter die Lupe.

Dieser erzählt ihnen viel über das Treibhausgas. Denn das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung von Öl, Gas oder Kohle entsteht, hat einen einzigartigen chemischen Fingerabdruck. Diese sogenannte Isotopensignatur verrät Chemikern stets die Herkunft des Gases. "In den Sedimenten sahen wir, dass dieser Fingerabdruck in den vergangenen 100 Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Besonders deutlich war dieser Effekt in den vergangenen 30 Jahren. Das zeigte die Analyse des Kohlenstoffs in den Kalkschalen von Meerestieren", erläutert Mulitza. Die schalentragende Einzeller (Foraminiferen) sind sozusagen Zeitzeugen. Denn die Zusammensetzung des Kohlenstoffs, den sie in ihre Kalkschalen einbauen, schwankt entsprechend der Zusammensetzung des Kohlenstoffs im Meer. "Es gibt daher keinen Zweifel, dass die Veränderungen im Windsystem an der Küste Marokkos Folge menschlichen Handelns sind." Der Wissenschaftler vermutet, dass die Winde vor der Küste Afrikas noch weiter zunehmen werden - mit bislang unabsehbaren Folgen, die nicht nur die Lebewesen dieses kleinen Ökosystems treffen könnten.

Informationen im Internet:

www.rcom.marum.de/