Baden-Württemberger leben am längsten, Mecklenburger am kürzesten. Der Osten holt auf. Hamburger im Mittelfeld.

Hamburg. Der Trend der Deutschen zum Älterwerden ist ungebrochen. Ein neugeborenes Mädchen hat - statistisch gesehen - bereits 81,8 Lebensjahre vor sich, 2,3 Jahre mehr als ein Mädchen, das 1995 zur Welt kam. Noch mehr zugelegt haben die Jungen: Sie dürfen zwar nur mit 76,2 Jahren rechnen, doch ist ihr Zugewinn an Lebenszeit mit 3,2 Jahren (gegenüber den 1995 Geborenen) deutlich größer. Eine gute Nachricht auch für Hamburger Jungen: Sie sterben 0,2 Jahre später als der deutsche Durchschnitt. Hamburger Mädchen dagegen haben 0,1 Jahre weniger zur Verfügung als das Mittel der Nation.

Was nützt dem Einzelnen diese Erkenntnis? Zunächst einmal wenig. Denn die Umstände, die die Dauer des Daseins bestimmen, sind so vielfältig und individuell wie die 82 Millionen Körper und Seelen in diesem Land. Und doch geben die jüngsten Zahlen zur Lebenserwartung, die das Statistische Bundesamt gestern veröffentlichte, einigen Aufschluss über dieses Volk, das noch immer mit Wohlstand und medizinischem Fortschritt reicher gesegnet ist als die meisten anderen auf der Welt.

Da erfährt man zum Beispiel, dass die Menschen in Baden-Württemberg am längsten und jene in Mecklenburg-Vorpommern am kürzesten leben werden. Der Unterschied zwischen beiden Ländern beträgt immerhin 3,6 (Jungen) beziehungsweise 1,6 Jahre (Mädchen/siehe Grafik). Liegt es daran, dass Schwaben und Badener deutlich mehr verdienen und weniger rauchen als die Menschen im Nordosten der Republik? Solche Annahmen sind zulässig, wie auch viele andere Faktoren eine Rolle spielen können. Schlussendlich beweisen lassen sie sich nicht.

Belegbar hingegen sind andere Daten: zum Beispiel, dass seit der deutschen Wiedervereinigung die Menschen in den neuen Ländern beträchtlich an Lebenserwartung hinzugewonnen haben, allen voran jene in Mecklenburg-Vorpommern, wenngleich sie (noch) deutsches Schlusslicht sind. Dank der besseren Gesundheitsversorgung und Lebensumstände hat sich der Abstand zwischen Ost und West seit der Wende von durchschnittlich 3,2 Jahren auf 1,6 Jahre (Jungen) und von 2,3 Jahren auf 0,6 Jahre (Mädchen) verringert.

Bewiesen ist überdies, dass die Sterbewahrscheinlichkeit in den einzelnen Altersphasen der Menschen mal größer, mal kleiner ist. Besonders gefährlich, so hat das Statistische Bundesamt in Langzeitberechnungen festgestellt, ist jeweils die Zeit unmittelbar nach der Geburt. So starben im Jahr 2005 während des ersten Lebensmonats 287 Jungen und 219 Mädchen pro 100 000 Neugeborene. Im zweiten Lebensmonat waren es nur noch 33 beziehungsweise 34. Das geringste Risiko haben Jungen im Alter von zehn und Mädchen mit neun Jahren: Dann sind meist alle Kinderkrankheiten überwunden, aber die Bewegungsfreiheit mit den damit verbundenen Gefahren, vor allem Unfällen, ist noch recht begrenzt.

Danach steigt die Sterbewahrscheinlichkeit allmählich an. Einen relativen Höhepunkt erreicht sie zwischen 19 und 21 (Männer) beziehungsweise zwischen 18 und 20 Jahren (Frauen). Die Statistiker sprechen von einem "Unfallhügel", den sie mit mangelnder Fahrpraxis und hoher Risikobereitschaft bei Führerscheinneulingen erklären. Dabei überrascht es nicht, dass der "Unfallhügel" beim vermeintlich starken Geschlecht deutlicher ausgeprägt ist. Nach einem erneuten kurzfristigen Rückgang steigt die Sterblichkeit ab dem Alter von 28 (Männer) beziehungsweise von 27 Jahren (Frauen) kontinuierlich an.

Aber auch das sagt die Statistik: "Die Hälfte aller männlichen bzw. weiblichen Lebendgeborenen wird nach den Sterblichkeitsverhältnissen 2003/2005 wenigstens 79 bzw. 84 Jahre alt. Rund ein Viertel der männlichen bzw. weiblichen Lebendgeborenen erreicht noch das 86. bzw. 90. Lebensjahr."

Mithin: Die Chancen stehen nicht schlecht, beim Älterwerden im Trend zu liegen.