Der Mensch gilt in allen drei monotheistischen Religionen als Ebenbild Gottes. Darauf basiert die Menschenwürde. Doch ab wann ist ein Mensch ein Mensch? Das beantworten Juden, Christentum und auch der Islam unterschiedlich.

Im Mittelalter sprach die katholische Kirche dem Embryo mit dem 40. Tag nach der Empfängnis eine Seele zu. Erst 1869 setzte Papst Pius IX. die Auffassung durch, dass der menschliche Embryo von Anfang an eine Seele habe.

Deshalb formulieren die katholische und die evangelische Kirche heute, dass menschliches Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginne. Für sie gibt es keine Stufe in der menschlichen Entwicklung, die vom Schutz ausgenommen werden darf. Gleichwohl tobt zurzeit ein heftiger Streit zwischen den beiden Konfessionen, ob es eine Änderung am Stammzellgesetz geben solle. Während die katholische Kirche eine Verschiebung des Stichtages bislang strikt ablehnt und die Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), die eine einmalige Verschiebung befürwortet hart angreift, befürwortete der Ratsvorsitzende der Kirche in Deutschland (EKD) Wolfgang Huber diese mehrfach. Auch die EKD-Synode beschloss, dass eine einmalige Verschiebung des Stichtages zulässig sei, wenn die Grundlagenforschung wegen der Verunreinigung der Stammzelllinien nicht fortgeführt werden könne. Doch jetzt regt sich Widerspruch in der EKD. Der Embryonenschutz müsse ohne jede Einschränkung aufrecht erhalten werden, so der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich. Der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber sagte: "Wir haben hier keinen Streit zwischen zwei Konfessionen, denn Bischof Huber beschreibt keine für die ganze evangelische Kirche verbindliche Sichtweise."

In Israel, wo das Judentum Mehrheitsglaube ist, findet hingegen die Forschung an "überzähligen" Embryonen mit dem Segen der Rabbiner statt. Für die Juden begänne das menschliche Leben erst mit der Geburt, vorher habe sich Gott noch nicht entschieden, erläuterte der württembergische Landesrabbiner Dr. Joel Berger mehrfach.

Die islamische Ethik ist nicht so eindeutig. Die unterschiedlichen Rechtsschulen streiten, wann menschliches Leben beginnt. Eine Strömung betont, dass mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle das Leben beginne. Andere hingegen setzen Fristen. Die Mehrheit der Sunniten, der größten islamischen Glaubensgemeinschaft, geht davon aus, dass ein Embryo 40 Tage nach der Empfängnis eine Seele hat. Sie verweisen auf einen, dem Propheten Mohammed zugeschriebenen Ausspruch, nach dem der Mensch nach der Befruchtung "vierzig Tage Samen, vierzig Tage Knoten, vierzig Tage Fleischklumpen" sei. Danach werde ihm die Seele eingehaucht. Ob die Entnahme von Stammzellen aus Embryonen erlaubt ist, hängt somit davon ab, welche der im Islam kursierenden Auffassungen als Grundlage für die Entscheidung herangezogen wird.