Wissenschaftler der Nasa haben einen Sonnensturm der Klasse M registriert, der heute die Erde erreichen soll. Es besteht Gefahr für Satelliten.

Berlin/Washington. Am Donnerstag um 8.42 Uhr Ostküstezeit der USA brodelte es gewaltig auf der Sonne. Wissenschaftler der US-Weltraumorganisation Nasa haben einen Sonnensturm registriert. Der "Koronaren Massen-Auswurf" oder kurz KMA, wie ihn die Sonnenforscher nennen, hatte eine mittlere Stärke der Klasse M und ist mit einer Geschwindigkeit von rund 1.014 Kilometern pro Sekunde auf dem Weg zur Erde. Der Sonnensturm soll laut Nasa am heutigen Sonnabend die Erde erreichen. Dann hat die Partikelwolke eine Reise von 150 Millionen Kilometern hinter sich gebracht. Der Sonnensturm könnte zu einem "geomagnetischen Sturm" führen und dies hätte Auswirkungen auf unsere Telekommunikationssatelliten oder auch auf die in einer Entfernung von 20.000 Kilometer im All kreisenden Satelliten des Navigationssystems GPS, von dem die moderne Luft- und Schifffahrt weitgehend abhängig ist.

Mächtige Magnetfelder lassen immer wieder riesige Schleifen entstehen, die sich nach oben wölben und ähnlich wie die Henkel einer Tasse aus der Oberfläche der Sonne herausragen. Durch diese Schlaufen wirbeln gut sichtbar elektrisch geladene Teilchen aus dem Inneren der Sonne. Gleichzeitig kühlen die Regionen, an denen die Henkel aus der Sonnenoberfläche herauskommen, von rund 6000 auf etwa 4500 Grad Celsius ab. Dort entstehen also dunkle Sonnenflecken.

"Manchmal bekommen die Magnetfeldstrukturen der Sonne eine Art Husten", erklärt der Sonnenphysiker Achim Gandorfer vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Sobald die Sonne viele Flecken und damit auch viele Magnetfeldhenkel hat, kann dieses kosmische Räuspern einen Teil der Magnetschlaufe mitsamt geladenen Teilchen in den Weltraum schleudern.

Wie entstehen Sonnenstürme?

"Für unsere zunehmend technisierte Welt sind solche Sonnenstürme eine Gefahr“, sagt der Direktor der Internationalen Weltraumwetter-Initiative (Iswi), Joe Davila. "Starke Sonnenstürme können Stromnetze ausfallen lassen, Satelliten lahmlegen und damit das Navigationssystem GPS durcheinanderbringen.“

Da die Aktivität der Sonne in den vergangenen Monaten angestiegen ist, haben die Europäische Union und die europäische Raumfahrtenagentur Esa ein Programm zur Weltraumwetterwarnung gestartet. Denn normalerweise ist der Sonnenwind ein beständiger Fluss geladener Sonnenteilchen, der die Erde umströmt. In einem Zyklus von etwa elf Jahren verstärkt sich jedoch die Aktivität der Sonne. Dann wird dieser Wind zunehmend böig, Sonnenstürme werden häufiger und stärker.

Sonnenphysiker nennen das einen "Koronaren Massen-Auswurf" oder kurz KMA, der einen verheerenden Einfluss auf elektronische Bauteile haben kann. Trifft der Sonnensturm auf die Erde, dellt er dort das Magnetfeld ein. Die elektrischen Teilchen können dann in der Nähe der Pole tief in die Atmosphäre eindringen und lösen dort Polarlichter aus. Trifft ein besonders starker KMA auf die Erde, wird die Magnetfeld-Delle tiefer. Dann können Polarlichter bis zum Mittelmeer leuchten. Gleichzeitig aber wird es für die moderne Elektronik brandgefährlich. Normalerweise schützt das Magnetfeld der Erde elektronische Bauteile vor der energiereichen Strahlung aus dem Weltraum. Drückt nun ein KMA das Erdmagnetfeld unter die Bahn von Satelliten, die in einer engen Bahn um den Globus sausen, kann die Strahlung die Elektronik zerstören und damit den Satelliten außer Gefecht setzen. 1989 berührte eine solche KMA-Magnetfelddelle in der kanadischen Provinz Quebec sogar die Erdoberfläche. Dabei entstanden Kurzschlüsse in Hochspannungsleitungen, Umspannwerke brannten durch und in Teilen Kanadas fiel der Strom aus.

Noch schlimmer war ein KMA 1859. Der erzeugte in Telegrafenleitungen so starke elektrische Ströme, dass in einigen Stationen im hohen Norden der Erde das Telegrafenpapier Feuer fing. Heute könnte ein ähnlicher KMA elektronische Bauteile in den betroffenen Regionen weitgehend zerstören. Weltweit könnten so Schäden in Höhe von 1000 bis 2000 Milliarden US-Dollar entstehen. Bis 2013 sollen die Sonnenflecken und damit auch die Sonnenstürme zunehmen und wohl auch stärker werden. Danach soll das Risiko von Sonnenstürmen wieder abnehmen.