Großbäckereien verarbeiten vorsorglich keine kanadische Leinsaat mehr. Aber Ersatz aus Frankreich gibt es nur in geringem Maß. Deshalb könnten Backwaren mit Leinsamen teurer und knapp werden. Zuerst entdeckten vergangene Woche Untersuchungsämter in Baden-Württemberg gentechnische Verunreinigungen in Leinsamen. Die gefundene Saat ist in der EU nicht zugelassen. Jetzt suchen weitere Kontrollbehörden, auch das Hygiene-Institut in Hamburg, nach Spuren der Gentechnik. Im Auftrag von Greenpeace war ein Privatlabor am Freitag fündig geworden - in Produkten aus Hamburger Supermärkten. Das Abendblatt trug die bislang bekannten Fakten zu der illegalen Saat zusammen.

Gefährdet die Gentech-Leinsaat die Gesundheit?

"Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen besteht keine Gesundheitsgefahr", betonte der baden-württembergische Verbraucherminister Peter Hauk (CDU). Greenpeace sieht dagegen die "Verbraucher als Versuchskaninchen". Allerdings machen die Verunreinigungen in den Produkten nur 0,050 bis maximal ein Prozent aus. Zudem war die Gentechniksorte CDC Triffid in den USA und Kanada zugelassen und durchlief zumindest dort eine Sicherheitsprüfung.

Warum trägt der Gen-Leinsamen eine Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin?

Der Leinsamen trägt eine Resistenz gegen das Antibiotikum, weil bei der Entwicklung der Sorte auf diesem Wege erkannt werden konnte, ob die Gen-Transplantation erfolgreich war (Marker-Gen). Das birgt jedoch die Gefahr, dass sich die Resistenz gegen das Antibiotikum in der Umwelt verbreitet und die Substanz dann für die Medizin wirkungslos wird. Bei neueren Entwicklungen verzichten die Forscher generell auf Antibiotika als Marker-Gene.

Woher stammt die Gentech-Saat?

Aus Kanada, dem weltweit größten Exporteur von Leinsaat. Zwei Drittel des Exports gehen in die EU, 2006 waren es gut 400 000 Tonnen. Mit CDC Triffid wurden in Kanada von 1988 bis 2002 insgesamt 198 Freilandversuche gemacht. Sie wurde 1996 für den kommerziellen Anbau von Futtermitteln zugelassen, doch gab die Inhaberin der Zulassung, die Uni von Saskatchewan, sie 2001 zurück. Auf zwei Wegen könnte die Gentech-Saat in die Lieferungen gelangt sein: Wenn Flachs auf ehemaligen Versuchsfeldern wächst, könnten vereinzelt Gentech-Pflanzen mitgewachsen sein, weil Samen jahrelang im Boden überdauert. Oder Altbestände von CDC Triffid wurden heimlich unter aktuelle Saat gemischt.

Sind Bio-Produkte betroffen?

Nein, nur konventionelle. Dort lag der Anteil der verunreinigten Produkte bei 59 Prozent.

Wird es zu Engpässen bei Leinsamen-Produkten kommen?

Produkte mit dem Gentech-Konstrukt dürfen in der EU nicht vermarktet werden. Der Verband Deutscher Großbäckereien verarbeitet vorsorglich keine kanadische Leinsaat mehr. "Wir beziehen ersatzweise aus Frankreich", sagt Verbandsgeschäftsführer Armin Juncker. "Da jedoch nur eine viel kleinere Menge verfügbar ist, werden die Preise steigen, und es ist möglich, dass Backwaren mit Leinsamen eine Zeit lang in den Regalen fehlen werden."

Welche Rolle spielt die Gentechnik bei Leinsaat?

Bei der Pflanze Öllein, bei der nicht die Fasern, sondern das Öl der Samen für Nahrungsmittel, als Futter, in der Produktion von Farben oder Kosmetika genutzt wird, ist die Bedeutung gering, sagt Prof. Ernst Heinz vom Biozentrum Klein Flottbek, der vor Jahren mit Lein forschte. "Wir haben gentechnisch versucht, den Gehalt an wertvollen Omega-3-Fettsäuren zu erhöhen. Da dies aber bei Raps viel besser funktioniert, wird dieser gentechnische Ansatz von der Firma BASF jetzt nur bei Raps verfolgt."