Das Gemeindehaus muss saniert werden. Mit Talent und fünf Euro Startkapital sollen Gemeindemitglieder helfen.

Was tun, wenn es durchs Gemeindehausdach tropft und kein Geld da ist, um es reparieren zu lassen? Die katholische Gemeinde St. Annen in Ochsenzoll will dieses Problem mit einer ungewöhnlichen Aktion lösen. Im November erhielten alle Besucher nach dem Gottesdienst Briefumschläge mit je fünf Euro. Verbunden mit der Bitte, das Geld zu vermehren und damit bei der Sanierung zu helfen. Als Pate für die Idee stehe das Gleichnis mit den anvertrauten Talenten aus dem Matthäus-Evangelium (Mt. 25, 14-29), erklärt Initiator Ekkehard Buhse vom Pfarrgemeinderat. Im Gleichnis hatte ein Herr seinen drei Knechten sein Vermögen, seine Talente, anvertraut. Zwei von ihnen konnten sie um das Doppelte vermehren. "Jeder hat eine Fähigkeit, aus der sich etwas machen lässt", sagt Buhse. Insgesamt wurden 1500 Euro verteilt, bis 30. April läuft die Talentaktion.

Einige wurden sofort aktiv. Mit Musik vermehrte die fünfköpfige Familie Tuffour ihre St.-Annen-Euro. Tochter Doreen (9) spielte dafür an den Sonnabenden vor Weihnachten in einem Norderstedter Einkaufscenter Weihnachtslieder auf dem Keyboard. Die ganze Familie war dabei. "Wir hatten Plakate ans Keyboard geklebt, damit die Leute wissen, wofür wir sammeln", sagt Vater Dominic. Doreen fand es einfach "cool", dort zu spielen. Und die Passanten waren spendabel. "Bei fünf Auftritten kamen 209 Euro zusammen", sagt Dominic Tuffour. Der Fluggerätebauer, der aus Ghana stammt, wurde auch von der ghanaischen Gemeinde in Barmbek unterstützt. Sie sammelte in ihrer Sonntagskollekte in St. Sophien 150 Euro.

Andere setzen aufs handwerkliche Geschick. "Eine Bekannte knotete Freundschaftsbänder und verkaufte sie", sagt Ekkehard Buhse. Mit einem Organisationsteam will er auch auf Veranstaltungen Geld erwirtschaften. Etwa bei einem Spieleabend im Gemeindehaus, auf dem um kleine Einsätze gespielt wird. Im April gibt der Jugendchor ein Konzert in der Albert-Schweitzer-Kirche in Norderstedt. Und am 19. April startet eine Konzertnacht im Gemeindehaus. "Für einen geringen Eintritt zeigen wir auf einer Großleinwand Live-Konzerte von Bands wie Pink Floyd und Queen. Dazu werden Getränke und Essen verkauft", sagt Buhse.

Weitere Ideen sind auf der eigens eingerichteten Internetseite www.talentaktion.de aufgeführt. Thomas Köhn vom Organisationsteam gestaltete die Seite, "damit die Aktion während der fünf Monate nicht an Schwung verliert", sagt der Journalist. Manche Ideen müssen erst etwas reifen, bevor sie umsetzbar sind. So hat die Hobbyschreiberin Liesel Hünichen (88) beschlossen, der Gemeinde eine ihrer Geschichten zu schenken. "Ich fing mit 80 an zu schreiben, ursprünglich für meine Enkel", sagt die ehemalige Sozialarbeiterin. Inzwischen hat sie mehrere Erzählungen über das Leben in der Kriegszeit veröffentlicht. Für die Talentaktion wäre eine Lesung vorstellbar.

Gespannt sind alle schon auf die Erträge, die am 30. April in der Kirche eingesammelt werden sollen. "Auch wenn wir mit dieser Aktion nicht die fällige Summe von 300 000 Euro zusammenbekommen, so träumen wir doch von einer fünfstelligen Zahl", sagt Buhse. Eins zeigt sich aber jetzt schon: Das Gemeindeleben hat die Aktion enorm bereichert.