Für die Abendblatt-Aktion "Schüler machen Zeitung" haben Jugendliche sich Gedanken über ihren Glauben gemacht. Ob Buddhist, Christin oder Muslima - alle drei ärgern sich über dumme Sprüche zu ihrer Religion. In ihren Texten rufen die Schüler zu mehr Toleranz in Glaubensfragen auf.

"Islam ist nicht gleich Terrorismus"

Wie immer ist der Bus zum Hauptbahnhof voll. Das ist ganz normal. Nicht normal ist, worüber der mir gegenübersitzende Junge redet. "Alles wegen der Moslems. Von wegen Frieden, Islam ist Terrorismus," schimpft er. Warum er das sagte, ist im Grunde genommen egal. Fakt ist, einige Menschen denken falsch über meine Religion.

Als ich ein Jahr alt war, wollten meine Eltern sehr gerne, dass eines meiner ersten Worte das heilige Wort "Allah" sei. Ich sprach die gewünschten Worte, jedoch ohne genau zu wissen, was damit gemeint war. Mein Opa fand es wichtig, dass ich schon im frühen Alter die Moschee besuchte. Ich bin ihm sehr dankbar dafür. Dadurch kann ich jetzt Arabisch lesen und habe viele Suren auswendig gelernt - vor allem die Suren, die ich für meine Pflichtgebete brauche. Ich erfuhr viel über die islamische Geschichte, was mir am meisten Spaß machte. Ich hatte anfangs viel Wissen angehäuft, jedoch nicht genügend Reife, zu verstehen, was mein Wissen eigentlich bedeutete. Inzwischen habe ich viel dazugelernt.

Mein Opa sagt immer: "Sei ein guter Mensch, sei hilfsbereit, sei zufrieden, meide Streit, sehne dich nach Frieden." Dieser Spruch ist sozusagen mein Lebensmotto. Und wenn mein Opa auf der Straße seine Freunde sieht, sagt er höflich: ,"Essalamu alaikum" (Friede sei mit euch). Und seine Freunde erwidern "Vealaikum salam" (Friede sei mit uns). Wer diese Worte versteht, versteht auch, was es heißt, ein Muslim zu sein. Und vor allem, dass der Islam kein Terrorismus ist!

Nurcan Anil, 10c

Gesamtschule Wilhelmsburg

"Jemanden abergläubisch zu nennen ist total arrogant"

"Ein 33-Jähriger hat in einem Dorf in Indien eine Hündin geheiratet, um wieder gesund zu werden. Der Mann hatte vor 15 Jahren zwei Hunde getötet und war danach zeitweise gelähmt. Jetzt hofft er, mit der Hochzeit seine Tat wiedergutmachen zu können und zu genesen." Das ist ein Zitat aus einer bekannten deutschen Tageszeitung mit der kurzen Überschrift "Aberglaube".

Ich habe vielen Freunden von dieser Geschichte erzählt. Alle haben gelacht und waren der Meinung: Der Mann ist total verrückt.

Ich habe weitergeforscht und herausgefunden, dass in bestimmten Regionen Indiens Hochzeiten zwischen Menschen und Tieren offensichtlich nichts Außergewöhnliches sind. Die Hindus glauben, damit schlechte Taten abwenden zu können. Das ist ihr Glaube. Andersgläubige sehen darin aber einen Aberglauben. Wer hat recht?

Wir Menschen leben in unterschiedlichen Gesellschaften, Kulturen und Religionen. Jeder Mensch hält seine eigene Religion für richtig, und viele Menschen halten alle anderen Glaubensrichtungen für falsch.

Durch dieses Denken entstehen Auseinandersetzungen zwischen den Religionen.

Das führt dazu, dass sich Menschen voneinander entfernen und sich nicht akzeptieren. Warum bezeichnet man den Glauben eines Menschen als Aberglauben, wenn der andere wirklich glaubt?

Für mich ist der Ausdruck Aberglaube ein Ausdruck von Arroganz. Ich als Buddhist glaube an keinen Gott, aber an die Wiedergeburt. Ist das etwa ein Aberglaube? Nein!

Jeder Mensch hat einen eigenen Glauben und hält diesen für richtig. Das sollte man akzeptieren und respektieren. Denn aus dem Glauben schöpfen Menschen Kraft.

Auch wenn der Glaube dieses Inders für mich merkwürdig ist, ist er für ihn die letzte Hoffnung. Vielleicht wird er ja wieder gesund, oder er lebt jetzt zufriedener. Der Glaube versetzt bekanntlich Berge!

Wenn wir Menschen uns daran gewöhnen könnten, den Glauben Andersgläubiger nicht sofort als falsch zu bezeichnen, würden wir wahrscheinlich auf der Erde nicht mehr so viele Kriege führen und viel harmonischer zusammenleben. Nur mit mehr Toleranz kann die Menschheit auf der Erde überleben.

Hoang Phuoc Nguyen, HO 20 Staatliche Fremdsprachenschule Hamburg

"Ich wurde geärgert, nur weil ich Christin bin"

Vor dreieinhalb Jahren habe ich die Schule gewechselt. Ich war davor auf einer Gesamtschule in meinem Stadtteil. Dort war es für mich nicht immer leicht, zu meinem christlichen Glauben, welchen ich schon von Kindheit an von meinen Eltern vorgelebt bekam, zu stehen. Es kamen oft Bemerkungen wie "die Fromme" oder "Heilige" - als wenn Christen bessere Menschen wären. Deshalb sprach ich meistens nicht über mein "Christ sein".

Dann kam mein Schulwechsel. Auf die Frage meiner Klassenkameraden, warum ich denn gehen wollte, antwortete ich meist nur mit: "Die neue Schule ist eine Privatschule." Ich verlor fast nie ein Wort darüber, dass ich auf eine freie christliche Bekentnissschule wechseln würde.

Auf meiner jetzigen Schule gibt es viele Mitschüler, mit denen ich meinen christlichen Glauben teilen kann. Dies ist natürlich keine Voraussetzung, um auf die August-Hermann-Francke-Schule zu gehen. Bei uns gibt es auch eine Menge Schüler, die meine Glaubenseinstellung nicht teilen. Aber hier wird niemand wegen seines Glaubens ausgelacht oder geärgert.

Das hat mich viel selbstbewusster gemacht, sodass ich jetzt auch bei anderen Leuten dazu stehen kann. Natürlich habe ich auch noch oft Angst, zu meinem Glauben zu stehen, weil ich nicht in der Schublade "die Christin, die keinen Spaß haben darf und immer nur beten muss" landen will.

Diese Argumente sind nur Vorurteile, denn wer einmal einen Tag bei uns erlebt, wird schnell merken, dass es durchaus sehr spaßig ist!

Judith Romppel, G10 August-Hermann-Francke-Schule