Das Kirchenjahr beschreibt eine immer wiederkehrende, festgelegte Abfolge der christlichen Feiertage. Es beginnt am ersten Adventssonntag. Misha Leuschen gibt einen Überblick der wichtigsten Feste der Katholiken und Protestanten.

Advent Während das kalendarische Jahr sich dem Ende zuneigt, beginnt mit dem 1. Adventssonntag das neue Kirchenjahr. Vorweihnachtlicher Rummel und Einkaufsstress haben uns meist fest im Griff. Es ist aber auch eine Zeit des frohen Erwartens. Früher war das ganz anders: Advent war eine Zeit der Buße, des Fastens und der Gebete, gute Werke sollten im Mittelpunkt stehen. Freuden wie Hochzeiten, Fleischgenuss oder öffentliches Tanzvergnügen waren verboten. Wie die Passionszeit, mit der der Advent die liturgische Farbe Violett gemeinsam hat, ist der Advent eine Zeit der Vorbereitung auf ein großes Ereignis. Mit jeder Kerze am Adventskranz, die entzündet wird, nähern wir uns der Ankunft des Herrn: Das lateinische Wort "Advent" bedeutet Ankunft, die Ankunft Gottes in Jesus Christus.

Weihnachten Erst am Abend des 24. Dezember endet die Adventszeit: Das Heilige Weihnachtsfest beginnt, die Geburt Jesu wird gefeiert. Historisch ist die Geburt Jesu in dieser Jahreszeit nicht belegt, doch es gibt Hinweise darauf, dass sein Geburtstag wohl eher im Frühling lag. Denn nur während dieser Zeit des Lammens wachten die Hirten, die im Lukasevangelium erwähnt sind, bei der Herde. Erst im 4. Jahrhundert legte man - in Konkurrenz zu heidnischen Lichterfesten der Germanen und Römer - den 25. Dezember als Geburtstag fest. Weihnachten ist heute noch in unserer Gesellschaft eines der wenigen Feste im Jahr, in denen das gemeinsame Feiern der Familien im Mittelpunkt steht und der Kirchgang Tradition hat.

Ostern Ostern ist für Christen das wichtigste Fest und der Höhepunkt des Kirchenjahres. Jesus, Gottes Sohn, hat durch seine Auferstehung den Tod besiegt. In der Karwoche wird die Liturgie der Passion nachvollzogen. Sie beginnt am Palmsonntag, dem Sonntag vor Ostern, mit dem Einzug Jesu in Jerusalem. Der Montag erzählt von der Vertreibung der Händler aus dem Tempel, der Dienstag von der Predigt auf dem Ölberg, der Mittwoch vom Verräter Judas; der Gründonnerstag vom letzten Abendmahl und der Gefangennahme Jesu. Karfreitag, der schwärzeste Tag, markiert die Kreuzigung Christi. Der Sonnabend gilt der Grabesruhe, mit ihm endet die Karwoche. Am Ostersonntag wird schließlich die Auferstehung Christi gefeiert, das liturgische Violett der Fastenzeit wird durch das Weiß der Osterzeit ersetzt. Sie beginnt mit dem Ostersonntag und endet fünfzig Tage später an Pfingsten.

Christi Himmelfahrt Vierzig Tage soll Jesus nach seiner Auferstehung unter den Menschen gewandelt sein, bevor er in den Himmel auffuhr. Am Himmelfahrtstag feiern Christen die Rückkehr Jesu als Sohn Gottes zu seinem Vater. Mancherorts wird an diesem Tag die Osterkerze ausgeblasen, die in der Osternacht entzündet und geweiht worden war, da Christus nun nicht mehr leibhaftig unter den Jüngern ist. Traditionell wird an Christi Himmelfahrt auch ein wesentlich weltlicherer Tag begangen - der Vatertag. Auch wenn man es sich angesichts von Männerhorden mit Bierfässern in Bollerwagen kaum vorstellen mag: Beide haben gemeinsame Wurzeln. Von alters her waren am Himmelfahrtstag Flurumgänge üblich, bei denen der Grundeigentümer einmal im Jahr sein Land umschreiten musste, um den Besitzanspruch aufrechtzuerhalten. Schon im Mittelalter wurde bei diesen Umgängen mächtig gebechert, später entwickelten sich daraus die noch heute beliebten "Herrenpartien".

Pfingsten Fünfzig Tage nach Ostern geht mit dem Pfingstfest die Osterzeit zu Ende. Vom griechischen "pentecosta" (der fünfzigste) leitet sich auch das Wort "Pfingsten" ab. Das liturgische Weiß weicht dem festlichen Rot, dem Feuer des Heiligen Geistes. Es ist ein fröhliches Fest und gilt auch als "Geburtstag der Kirche", denn zu Pfingsten kam der Heilige Geist auf die Jünger nieder und verlieh ihnen Kraft und Mut, um auszuziehen und Gottes Wort zu predigen. Nur wenige Pfingstbräuche sind erhalten geblieben. Viele Gottesdienste werden im Freien abgehalten, in manchen Gegenden werden Pfingstfeuer entzündet, man geht auf Pfingstwanderungen - Pfingsten ist auch ein Fest der Natur, denn der Sommer ist nah. Geblieben ist auch das Symbol für den Heiligen Geist, das im 6. Jahrhundert entstand: die Taube. Sie steht heute für unser Pfingstfest.

Fronleichnam Mit fröhlichen Toten hat der katholische Feiertag sechzig Tage nach Ostersonntag nichts zu tun, sein Name leitet sich ab vom mittelhochdeutschen "vronlîcham", was "Leib des Herrn" bedeutet. Die leibliche Gegenwart Jesu im Sakrament der Eucharistie wird an diesem Tag gefeiert - und ist eigentlich nur eine Verlängerung des Gründonnerstags. Denn da wird das letzte Abendmahl begangen, doch es ist schon überschattet von Verrat und Tod; nach Feiern ist da niemandem zumute. Heutzutage gedenkt man mit feierlichen Prozessionen in katholischen Gegenden des Sieges Christi über den Tod. Dort ist das Fronleichnamsfest ein offizieller Feiertag - in den Nord-Bundesländern nicht.

Buß- & Bettag Der Buß- und Bettag ist ein protestantischer Feiertag am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres, dem Ewigkeitssonntag. Am Buß- und Bettag sollen Menschen nicht auf ihre Schwächen und Fehltritte reduziert, sondern auf das Gebot der Liebe eingestimmt werden, damit sie ihre Lebenshaltung ändern können hin zu Gott und zu ihren Nächsten. Schon 1893 einigte man sich auf einen Bußtag an diesem Tag im Kirchenjahr, im Zweiten Weltkrieg verlegte man ihn auf einen Sonntag. Nach Kriegsende wurde er wieder eingeführt und bis 1966 auch in der DDR begangen. 1990 wurde er mit der Wiedervereinigung auch in den neuen Bundesländern zum gesetzlichen Feiertag. Doch schon 1995 wurde er zur Finanzierung der Pflegeversicherung wieder abgeschafft - nur in Sachsen nicht.