Als Kind aufgeregt, als Pubertierende nur genervt und als Mutter voller Ansprüche für die eigenen Kleinen - das Gefühl und die Einstellung zu Weihnachten wechseln mit den eigenen Lebensphasen. Ein Essay.

Weihnachten. Es gibt, glaube ich, kein Jahr meines Lebens, an dem ich mich nicht auf diesen Feiertag gefreut habe, auf das Schmücken des Weihnachtsbaum und die Sinnlichkeit des Festes, das Zusammenkommen der Familie, auf das Essen und natürlich die Geschenke. Doch was sich im Laufe der fast 40 Jahre verändert hat, ist meine Art der Freude, ist meine Einstellung zu den Feiertagen und die Intensität der Vorbereitung und Empfindung für dieses wichtige Christenfest. Das Gefühl für Weihnachten hat eben auch etwas mit der Lebensphase zu tun, in der man sich befindet.

Die Weihnachtszeit der Kindheit ist eine Zeit des Staunens über die Lichter, den Glanz, vermischt mit dem Duft von Plätzchen, die im Ofen backen. Es ist eine Zeit der Überraschungen: Jeden Tag habe ich morgens als Erstes ein kleines Türchen im Adventskalender geöffnet, und je näher der 24. Dezember kam, desto aufgeregter wurde ich.

Ich verbinde die Weihnachtszeit meiner Kindheit mit Geborgenheit und Wärme. Am schönsten war der Moment, wenn das helle Glöckchen erklang, das Zeichen dafür, dass das Christkind da gewesen ist und die Geschenke bereitliegen. Im Schulkindalter fiel es mir allerdings immer schwerer zu glauben, dass ein Baby so viele Geschenke alleine tragen kann.

Als Jugendliche und später als junge Erwachsene wich die Weihnachtszeit des Staunens einer Weihnachtszeit des Realismus. Längst war mir klar, dass nicht das Christkind, sondern die Eltern die Geschenke brachten. Zu viel Familienharmonie war mir als Pubertierenden suspekt und der Gang in die Kirche ein eher lästiges Ritual. Wir schenkten uns Geld, Seife, Socken und Krawatten. Ich war froh, etwas für die Eltern gefunden zu haben, und noch froher, wenn die Eltern das Richtige für mich ausgesucht hatten. Nach der Bescherung wollte ich nur noch so schnell wie möglich das Rüschenkleid ausziehen, in meine stonewashed Jeans schlüpfen und zu meiner besten Freundin radeln.

Später als Studentin war Weihnachten eine Art Familienzusammenführung mit schönem Essen, einer Runde Doppelkopf und dann ab in die Disco. Freunde wiedersehen.

Der Kern des Ganzen, die Geburt Christi wirklich zu feiern, ist mir aus dem Blick geraten.

Doch die Geburt meiner Kinder hat mir ein ganz neues Gefühl für Weihnachten eröffnet. Nun bin ich diejenige, die das Weihnachtsfest gestaltet, die zu einer Gebenden statt Nehmenden geworden ist. Und mir ist dabei klar geworden: Ich will das Staunen meiner Kinder nicht nur durch Berge von Geschenken auslösen, sondern ich möchte auch, dass sie über das Wunder von Christi Geburt staunen. Ich will, dass meine Kinder wissen, warum wir Weihnachten feiern. Das ist nicht ganz einfach. Denn was ist heute schon eine Kinder-Weihnachtszeit ohne Massen von Süßigkeiten? Auf jeder der unzähligen Weihnachtsfeiern gibt es Kekse und Schokolade. Und an jeder Ecke in der Stadt werden Kinder von einem Weihnachtsmann genötigt, in den Sack zu greifen.

Kleine Kinder hinterfragen nicht, was dieser Weihnachtsmann mit dem Christenfest zu tun hat und warum er an so vielen Stellen gleichzeitig auftaucht. Für viele Kinder vor allem im Norden und Osten Deutschlands ist er inzwischen das Symbol für Weihnachten geworden.

Wenn ich die Freunde meiner Kinder frage, warum wir Weihnachten feiern, bekomme ich meistens die Antwort: "Weil dann der Weihnachtsmann kommt und mir Geschenke bringt." Ich frage nach Jesus, und sie wissen nicht, wer das war. Das macht mich nachdenklich.

Obwohl meine Eltern nicht tiefgläubig waren, war es ihnen wichtig, mir die Wurzeln des Weihnachtsfestes zu vermitteln. Wir haben darüber im Kindergarten gesprochen und in der Schule. Im Kindergarten meiner Kinder haben sich Eltern ausdrücklich verbeten, dass mit den Kindern über die Geburt Christi gesprochen wird, und da es eine staatliche Einrichtung ist, haben die Erzieher sich dem Eltern-Wunsch gefügt. Das ist schade, denn damit wird Kindern der eigentliche Zauber von Weihnachten vorenthalten.

In der Weihnachtsgeschichte stecken so viele Details, die Kinder begeistern. Wir lesen wunderschön illustrierte Bücher, die die Weihnachtsgeschichte in einfachen Worten darstellen. Und ich stelle fest, dass es darin vieles gibt, das die Kinder brennend interessiert: Warum reitet Maria auf einem Esel? Wie weit mussten die Könige reisen, und wie schaffen es die Engel, in der Luft zu bleiben?

Aber am meisten interessiert sie, warum dieses Kind so besonders ist, dass alle zu ihm reisen, und warum ein König in so einem kleinen Baby eine Gefahr sieht. Und meine Jungs lassen sich nicht mit einfachen Antworten: "weil er eben Gottes Sohn ist", abspeisen. Denn was bedeutet das, fragen sie, was konnte er, war er eine Art Superheld?

Die Fragen meiner Kinder führen dazu, dass ich mich selber ganz intensiv mit Jesus und der Bedeutung seiner Geburt auseinandersetzen muss. Es führt dazu, dass ich den Worten des Pastors in der Kirche gespannt lausche, welche Antworten er auf die vielen Fragen findet. Wie erklärt er das Wunder dieser Nacht?

Es führt dazu, dass mein Gefühl für Weihnachten jedes Jahr zu einer Art Rückbesinnung wird.

Keiner zwingt mich, mich vom Stress der allgemeinen Stimmung anstecken zu lassen. Denn dann verliere ich das Wesentliche des Festes erneut aus dem Blick und bediene nur noch den Rahmen. Viel schöner ist es doch, sich in diesen Tagen besonders viel Zeit für die Kinder zu nehmen, auf dem Sofa zu kuscheln und Geschichten zu lesen. Denn es geht auch doch darum, an Weihnachten ein Gefühl von Geborgenheit und Wärme zu vermitteln, den Kindern Raum zum Staunen zu lassen und einen Moment lang den Zauber der damaligen Nacht nachzuempfinden - und das passt einfach nicht mit Hektik und Stress zusammen.