Pflanzenöl: Dieselmotoren laufen auch mit Lebensmittel-Fetten. Günstig, aber nicht ohne Risiko: Wer alternativen Kraftstoff nutzt, sollte sich informieren.

Hamburg. Wenn man auf der Straße plötzlich den Geruch von Pommes wahrnimmt, heißt das nicht unbedingt, daß eine Frittenbude am Wegesrand steht. Es kann auch gut sein, daß man sich gerade im Dunstkreis eines "Pölers" bewegt. Pöler, so nennen sich jene experimentierfreudigen Autofahrer, die statt Diesel reines Pflanzenöl ("P-Öl") in ihren Tank füllen - und dabei angesichts der hohen Spritpreise stets ein überlegenes Lächeln auf dem Gesicht haben.

Romuald Haladyn (68) grinst beim Tanken. Ein Blick auf seine Quittung liefert die Erklärung: Für 15 Liter hat er gerade mal etwas mehr als zehn Euro bezahlt. "Ich fahre schon seit drei Jahren mit Pflanzenöl", berichtet der Ingenieur. Bislang hat er sich meist bei Discountern wie Aldi oder Lidl mit den Literflaschen Salatöl eingedeckt. Jetzt steht er an der Tankstelle der Firma Need in der Großmannstraße. 69 Cent kostet hier ein Liter des Gemisches aus Raps- und Sojaöl - und ist damit derzeit fast 50 Cent billiger als herkömmlicher Dieselkraftstoff.

Salatöl ist von der chemischen Struktur dem Diesel sehr ähnlich und hat nahezu die gleichen Energiewerte. Es ist bei der Verbrennung CO2-neutral und völlig ungiftig. Dennoch kann das günstige Öl den offiziellen Kraftstoff nicht ohne weiteres ersetzen. Der Grund ist vor allem die höhere Zähflüssigkeit (Viskosität). "Ohne Umrüstung empfehlen wir einen Pflanzenölanteil von höchstens 30 Prozent", sagt Claudius Witzki. Der 27jährige ist Geschäftsführer der Need GmbH, die neben der Tankstelle an der Großmannstraße auch eine an der Papenreye (Niendorf) sowie zwei weitere in Frankfurt und Kiel betreibt.

Nicht verwechselt werden darf das Pflanzenöl mit Biodiesel. "Das ist ein wichtiger Unterschied", sagt Claudius Witzki. Zwar sei der Rohstoff der gleiche. "Doch Biodiesel wird chemisch behandelt, um ihn dünnflüssiger zu machen." Das kostet allerdings Geld und so ist Biodiesel im Schnitt nur zehn bis 15 Cent billiger als normaler Dieselkraftstoff. Durch den chemischen Prozeß ist Biodiesel aggressiver und kann Kunststoffe in Leitungen und Dichtungen angreifen. Daher müssen diese bei der Umrüstung ausgetauscht werden.

Pflanzenöl dagegen ist naturbelassen. Wegen der höheren Viskosität muß es erwärmt werden. Dafür gibt es verschiedene Wege. "Der einfachste ist ein Wärmetauscher", so Witzki. Der erhitzt das Öl mit der Wärme aus dem Kühlwasserkreislauf. Bausätze für die Selbstmontage bietet Need ab 260 Euro an. Wer nicht nur zumischen, sondern praktisch komplett mit Salatöl fahren will, kann auf ein sogenanntes Zweitanksystem umstellen lassen. Dabei wird ein Zusatztank für Diesel eingebaut, mit dem der Motor warm gefahren wird. Per Knopfdruck wird auf Pfanzenölbetrieb umgeschaltet. Die Preise für einen solchen Umbau variieren. Nach Angaben von Need reicht die Spanne von etwa 600 Euro für einen Bausatz bis hin zu 5000 Euro inklusive Montage.

Nur 62 Euro hat "Pöler" Wilfried Bierbaum für seinen Wärmetauscher bezahlt. Er hat ihn im Internet gekauft und selbst in seinen Mercedes 200 D aus dem Jahr 1989 eingebaut. Seit einem Dreivierteljahr fährt er jetzt mit Salatöl und hat gute Erfahrungen damit gemacht. "Allerdings fahre ich auch meist lange Strecken." Problematisch kann es bei kurzen Distanzen werden. "Wenn der Motor nicht richtig warm ist, verbrennt das Salatöl nicht vollständig", so Witzki. Die Folge: Rückstände setzen sich im Motoröl ab. Daher empfiehlt er, den Ölstand regelmäßig zu kontrollieren und spätestens nach 15 000 Kilometer das Öl zu wechseln.

Unumstritten ist der Einsatz von Pflanzenöl keineswegs. Wird ein Auto damit gefahren, erlischt die Garantie des Fahrzeugherstellers. Vor Motorschäden warnt beispielsweise Frank Abromeit von der Peugeot Hanse GmbH. "Wenn das Salatöl nicht vollständig verbrennt, können kleinere Leitungen verdrecken", so der Kraftfahrzeugmeister. Generell gebe es noch zu wenig Erfahrungswerte mit diesem Kraftstoff. "So kann es auch bei modernen Einspritzmotoren zu unkontrollierten Verbrennungen kommen, weil der Entflammpunkt nicht genau vorhersehbar ist."

Echte "Pöler" werden diese Risiken kaum stoppen. "Anfangs hatte ich zwar Bedenken", sagt auch Torsten von Ahlften. Doch die Neugierde und die Lust am Sparen haben ihn überzeugt. "Man ist eben ein bißchen das Versuchskaninchen", sagt er. Aber während er mit seiner EC-Karte am Tankautomat den Betrag begleicht, hat auch er dieses überlegene Lächeln auf dem Gesicht.