Sozialdemokrat verzichtet auf neue Kanzlerkandidatur. Neuwahlen im September.

Wien. Sie hielt ganze 18 Monate. Österreichs rot-schwarze Regierungskoalition ist auseinandergebrochen. Beide Koalitionsparteien gaben grünes Licht für die Auflösung des Parlaments und baldige Neuwahlen, wahrscheinlich im September. Der sozialdemokratische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (48) gab darüber hinaus seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bekannt.

Die politische Lawine war am Morgen durch den Vorsitzenden der konservativen ÖVP, Wilhelm Molterer, ausgelöst worden, der die Koalition mit der SPÖ aufkündigte und Neuwahlen forderte. Am Mittag gab Gusenbauer dann bekannt, dass an seiner Stelle der erst vor drei Wochen nominierte SPÖ-Parteichef und Verkehrsminister Werner Faymann die Partei in den Wahlkampf führen werde. Faymann (48) gab bekannt, dass auch seine Partei Neuwahlen zustimmen wolle, die nach der Auflösung des Nationalrats in dieser Woche beschlossen werden könnten. Für die ÖVP wird Parteichef Wilhelm Molterer für das Kanzleramt kandidieren.

Nach jüngsten Umfragen liegt die ÖVP zurzeit deutlich vor der SPÖ. Eine Alleinregierung scheint danach jedoch ebenso unmöglich, wie die Bildung einer stabilen Koalition der ÖVP mit einer der drei kleineren Parteien. SPÖ-Spitzenkandidat Faymann schloss eine Koalition mit der rechtsgerichteten Freiheitlichen Partei (FPÖ) aus.

Gusenbauer gab nach seiner Rückzugs-Entscheidung dem bisherigen Koalitionspartner die Schuld am Scheitern der Regierung. "Die Wahrheit ist, dass sie (die ÖVP) das Wahlergebnis (vom Oktober 2006) nie akzeptiert hat." Die Volkspartei habe sich in den vergangenen eineinhalb Jahren "bemüht, die Arbeit der Regierung zu behindern und sich als Mühlstein für die gemeinsame Arbeit erwiesen", meinte der Kanzler. Molterer seinerseits begründete die Forderung nach Neuwahlen mit den innerparteilichen Streitigkeiten bei den Sozialdemokraten und deren neuer Europapolitik.

Die SPÖ war bei der Wahl am 1. Oktober 2006 stärkste Fraktion im Nationalrat vor der bis dahin regierenden ÖVP geworden. Nach drei Monaten wurde die rot-schwarze Koalitionsregierung vereidigt. Anschließend blockierten sich beide Koalitionspartner jedoch bei allen wichtigen Reformvorhaben - ob bei der Gesundheitsreform oder dem Gesetz zum Nichtraucherschutz.