Proporz war der durchaus nicht immer freundlich gemeinte Begriff, mit dem die Österreicher ihre Jahrzehnte währenden Großen Koalitionen benannten.

Proporz war der durchaus nicht immer freundlich gemeinte Begriff, mit dem die Österreicher ihre Jahrzehnte währenden Großen Koalitionen benannten. Die Roten von der SPÖ und die Schwarzen von der ÖVP teilten sich lange Macht, Einfluss und Posten, verteilten Wohltaten - solange es etwas zu verteilen gab. Aber schon in den 80ern drängten die Grünen und eine erstarkende rechtsnationale FPÖ unter Jörg Haider auf die Bühne. Der einst konsensstiftende Proporz wurde längst als Erstarrung empfunden. Die Neuauflage der Großen Koalition vor eineinhalb Jahren war eine Notlösung, von niemandem mehr gewollt.

Allenfalls von Alfred Gusenbauer, der wie einst ein deutscher Genosse unbedingt ins Kanzleramt wollte, koste es, was es wolle. Nun, nachdem er sich aus Sicht seiner Parteifreunde schon bei der Ressortverteilung über den Tisch hat ziehen lassen, nachdem er sich mit den Gewerkschaften überworfen hat und es mit dem Koalitionspartner keine Einigung in Sachfragen mehr gibt, kostet es ihn das Amt.

Ob Neuwahlen Besserung bringen, ist fraglich. Denn die "Volksparteien" repräsentieren längst nicht mehr das Volk. Ein Phänomen, das nicht nur in Österreich zu beobachten ist. Auch bei uns beäugen sich die Großkoalitionäre mehr argwöhnisch, als dass sie regieren. Auch hier schrumpfen die Werte von Union und SPD. Nur, dass sich die Enttäuschten in Scharen dem linken Rand zuwenden, statt wie in Österreich Haiders Rechtspopulisten.

Und noch einen Unterschied gibt es: In Österreich war es der Regierungschef, der sich allen Unmut zuzog. In Berlin kriselt es vor allem beim kleineren Partner SPD. Doch das Grundproblem ist in beiden Ländern das gleiche: Große Koalitionen gebären meist nur den kleinsten gemeinsamen politischen Nenner, verschleißen auf Dauer Personal und frustrieren die Bürger. Es gibt bessere Lösungen.