BERLIN. Angesichts der umstrittenen Berufung von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Vorsitzenden der deutsch-russischen Gesellschaft für die Ostseepipeline ist der Ruf nach einem Verhaltenskodex für Politiker laut geworden. Als ein Vorbild gilt der Ehrenkodex der EU-Kommission, den diese im Jahr 2000 aufgestellt hatte, nachdem die Vorgänger-Kommission wegen Vetternwirtschaft und Missmanagements aus dem Amt gejagt worden war. Damit reagierte die Behörde unter anderem darauf, daß der frühere FDP-Bundesminister und damalige Industriekommissar Martin Bangemann vorzeitig aus seinem Amt geschieden war, um Manager bei der spanischen Telefongesellschaft TelefOnica zu werden. Bangemann hatte nach einer Klage vor dem EuGH seinen neuen Posten für ein Jahr auf Eis gelegt.

Der Kodex der EU-Kommission enthält genaue Vorschriften für die Ernennung von Mitarbeitern, für die Abrechnung von Spesen und für die Offenlegung der Vermögensverhältnisse der Kommissare. Mitglieder der Kommission dürfen weder bezahlten noch ehrenamtlichen Nebentätigkeiten nachgehen. Nur Vorlesungen an der Universität oder Ehrenämter in Stiftungen sind erlaubt. Eine Sonderregelung gilt für ausscheidende Kommissare: Ihnen wird ein Jahr "Abkühlzeit" verordnet, während derer sie nur mit Sondergenehmigung einen neuen Job antreten dürften.

Vorbilder für einen Verhaltenskodex gibt es auch aus der Wirschaft. Nach den Richtlinien für gute Unternehmensführung, dem Corporate Governance Kodex, sollen Vorstände entsprechend ihrer Leistung und dem Erfolg des Unternehmens bezahlt werden. Die Gehälter müssen individuell ausgewiesen werden, wobei auch Aktien und Aktienoptionen offenzulegen sind. Kein Vorstand darf bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen. Interessenkonflikte müssen sie sofort offenlegen. Zudem dürfen Vorstandsmitglieder bei ihrer Arbeit keine Vorteile von Lieferanten, Kunden oder anderen fordern, annehmen oder gewähren.

Von Aufsichtsräten verlangt der Kodex neben ausreichend Zeit für das Mandat die nötigen "Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen". Abgesehen von exzellenten Kontakten - etwa zu Präsident Wladimir Putin - fragen sich nicht nur Anlegerschützer, welche Qualifikationen Schröder für den Energiesektor mitbringt.