Frankenfeld

Oberhalb der Konferenztische gönnt man dem Gegner ein Haifischlächeln, unterhalb der Sichtgrenze werden die Schienbeine blaugetreten. Der Kampf um Rabatte und Subventionen bei den europäischen Fleischtöpfen tobt vor allem zwischen zwei Staaten, die sich seit Jahrhunderten in herzlicher Feindschaft zugetan sind: England und Frankreich.

Nichts, so geiferte der ansonsten liberale Londoner "Independent", einige die Briten so sehr wie ihr traditioneller Haß auf die Franzosen. Genüßlich breitete das Blatt das Panorama einer fast tausendjährigen Rivalität aus. Momentan hat Deutschland, sonst Zielgebiet insularer Schmähtiraden, mitsamt seinen Pickelhauben Pause.

War da nicht mal was mit einer "Entente Cordiale"? Das herzliche Bündnis von 1904 war wohl eher eine Vernunftehe. Englands berühmtester Kriegsheld, Lord Horatio Nelson, der im Kampf gegen die Franzosen die Schlacht von Trafalgar gewann, hatte vor seinem Heldentod noch schnell den Landsleuten zurufen können: "Ihr müßt einen Franzosen hassen wie den Teufel."

Ein gutes Stichwort. Denn mit dem Sohn des Teufels sozusagen ging der Ärger einst los. Guillaume, Herzog der Normandie, Sohn von Robert le Diable (sic!), eroberte 1066 England. Hunderte Jahre lang fochten die Armeen gegeneinander - und die Engländer baden noch heute im Glanz der Schlacht von Agincourt 1415, als ein Häuflein englischer Langbogenschützen die Crème der französischen Ritterschaft zusammenschoß. 12 000 noble Chevaliers sahen aus wie Stachelschweine - davon hat sich der gallische Ritterstolz nie erholt.

Auch die weiteren Beziehungen gestalteten sich nicht so richtig cordiale: Die Jungfrau von Orleans zum Beispiel besiegte die Engländer und wurde dafür von ihnen verbrannt. Und der Herzog von Wellington, unterstützt vom preußischen Haudegen Blücher, schlug Napoleons Armee bei Waterloo. Diese Schlacht gilt in England bis heute als der ultimative Sieg über Frankreich.

Selbst im 20. Jahrhundert ging es weiter. Bis heute haben die Franzosen den Engländern nicht verziehen, daß diese am 3. Juli 1940 auf Befehl Churchills die im algerischen Hafen Mers el Kebir liegende Kriegsflotte Frankreichs versenkten, um sie einem deutschen Zugriff zu entziehen. Bei diesem französischen Pearl Harbour starben fast 1300 Seeleute.

In jüngerer Zeit haben sich die Schlachten auf andere Felder verlagert. 27 Jahre lang, zwischen 1973 und 2000, verhinderten die französischen Chocolatiers unter tätiger Hilfe der Regierung die Anlandung englischer Cadbury-Tafeln in Frankreich.

Selbst die Sprache ist umkämpft. Verbissen müht sich die Academie Française, Hüterin der reinen Sprache, die Invasion der Anglizismen abzuwehren. Statt Walkman sollen die französischen Kids, pardon les jeunes, Balladeur sagen, was irgendwie nach Mallorca klingt. Der Airbag wird zum verbal schwer aufblasbaren Sac gonflable.

Und die Franzosen reiben eifrig Salz in eine englische Wunde. Kürzlich höhnte ein Sportkommentator Richtung Insel, wo man einst den Fußball erfand: "Wir haben eure Klubs übernommen und eure Pokale gewonnen. Und ihr müßt euch fragen: Wessen Bilder gucken sich eure Frauen in den Magazinen an?" Gallische Ball-Beaus wie David Ginola und Thierry Henry natürlich, die britischen Klubs Tretkraft und Sexappeal verliehen.

Mit Europa und Olympia geht die fast tausendjährige Rivalität nun in eine neue Runde. Beide Länder wollen die Olympischen Spiele 2012 an Land ziehen. In den Kulissen wird mit Zähnen und Klauen gekämpft. Wütend vermerkten die englischen Funktionäre, daß die Franzosen im Februar eine IOC-Delegation mit unlauteren Mitteln zu beeindrucken versuchten: Die Gallier gaben dem IOC eine prächtige Polizei-Eskorte durch Paris mit.