Behörde weist Kritik etlicher Politiker an der Sofortrente für Ex-Bundespräsident Wulff zurück. Ihm stehe der Ehrensold zu, da er sein Amt aus politischen Gründen aufgegeben habe.

Berlin. "Man muss auch jönne könne" - einer der kölschen Hauptgrundsätze scheint in Bezug auf einen Niedersachsen nicht uneingeschränkt Gültigkeit zu besitzen. Denn nach der Entscheidung des Bundespräsidialamtes, Christian Wulff nach dessen Rücktritt als Bundespräsident künftig jährlich mit 199.000 Euro brutto zu besolden, stoßen sich immer mehr Politiker an der Regelung des Ehrensoldes .

Allerdings weist das Bundesinnenministerium die Kritik am Ehrensold für Wulff zurückgewiesen. "Die Rechtslage ist eindeutig“, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin. Wulff habe aus politischen Gründen sein Amt aufgegeben. Daher sehe er "kein Problem“. Nach Angaben de Bundesfinanzministerium wird die lebenslange Sofortrente von über 199.000 Euro pro Jahr aus dem Etat des Bundespräsidialamtes gezahlt.

Das Bundespräsidialamt sieht derweil keine Möglichkeiten, den Ehrensold für den früheren Bundespräsidenten auch im Fall einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung abzuerkennen oder zu beschränken. "Dies sieht das Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten vom 17. Juni 1953 nicht vor“, schreibt der "Tagesspiegel“ (Sonnabendausgabe) unter Berufung auf das Amt.

Inzwischen haben Politiker sowohl aus der Koalition als auch aus der Opposition den Ex-Bundespräsidenten aufgefordert, auf das Ruhegeld zu verzichten. Wulff sollte den Ehrensold nicht bekommen, da er nicht aus politischen Gründen zurückgetreten sei, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Jürgen Koppelin am Freitag im Deutschlandfunk. Er widersprach damit der Auffassung des Bundespräsidialamts, das Wulff am Mittwoch den lebenslangen Ehrensold zugesprochen hatte. Ähnlich wie Koppelin äußerte sich der saarländische SPD-Chef Heiko Maas in der "Bild“-Zeitung: "Wulff sollte den Ehrensold nicht annehmen. Damit könnte er endlich ein Signal der Einsicht und des Bedauerns senden.“

Der SPD-Bundestagsabgerodnete Peter Danckert erklärte: "Eigentlich dürfte Wulff schon deshalb keinen Ehrensold erhalten, weil er nach einer peinlichen Affäre unehrenhaft aus dem Amt geschieden ist. Das Wort Ehrensold ist in seinem Fall völlig Fehl am Platz.“

Neben den fast 200.000 Euro im Jahr stehen Wulff wie allen früheren Bundespräsidenten ein Auto mit Fahrer, ein Büro, ein Referent und eine Sekretärin zur Verfügung. Koppelin sagte, der Haushaltsauschuss werde darüber beraten, ob Wulff das zustehe. "Ich stehe allerdings auf dem Standpunkt, dass Herr Wulff das nicht bekommen sollte.“ Wulff sei nur kurze Zeit Staatsoberhaupt gewesen. "Warum sollte der vier, fünf Mitarbeiter haben, warum soll er einen Fahrer haben, welche Gründe gibt es, welche offiziellen Termine?“, gab Koppelin zu bedenken. An die Adresse des 52-jährigen Wulff sagte er: "Verzichten Sie auf den Ehrensold. Sie sind noch ein junger Mann, Sie können irgendwo in irgendeinem Bereich sicher noch ihren Lebensunterhalt verdienen.“ Wulff solle auf den Ehrensold verzichten oder ihn für gemeinnützige Zwecke spenden.

Staatsrechtler wie der Speyerer Jurist Hans Herbert von Armin argumentierten, Wulff stünden die Ruhebezüge nicht zu, weil er aus persönlichen Gründen zurückgetreten sei. Der Ehrensold steht nach dem Gesetz einem Altbundespräsidenten nach Ablauf der Amtszeit sowie nach einem Rücktritt aus gesundheitlichen oder politischen Gründen zu.

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Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin dagegen verteidigte den Ehrensold für Wulff als "richtige Regelung“. Die bestehende Regelung solle verhindern, dass der erste Mensch im Staat nach seinem Ausscheiden von mächtigen Akteuren und Interessen in der Wirtschaft abhängig wird, sagte Trittin der "Rhein-Zeitung“ (Freitag). "Mit diesem Geld schützen wir das Amt des Bundespräsidenten, egal, was man von ehemaligen Inhabern dieses Amtes halten mag.“ Ob jemand den Ehrensold verdient hat oder nicht, sei nicht die Frage.

Nach Angaben des Bundespräsidialamtes vom Mittwoch sind im Fall Wulffs die Voraussetzungen nach dem Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten erfüllt, weil sein Rücktritt aus politischen Gründen erfolgt sei. Auf den Ehrensold werden ihm Versorgungsansprüche aus seiner Tätigkeit als Ministerpräsident Niedersachsens und Landtagsabgeordneter angerechnet.

Der Ehrensold für Wulff war vom Chef des Präsidialamtes, Lothar Hagebölling, gebilligt worden. Die kommissarische Sprecherin des Amtes, Petra Diroll, bestätigte der "Bild“-Zeitung (Donnerstag), dass der zuständige Abteilungsleiter, Rüdiger Hütte, und der Chef des Bundespräsidialamtes, Lothar Hagebölling, das Ergebnis der Prüfung gebilligt hätten. "Das ist das übliche Verfahren, wenn Prüfungsergebnisse der Behördenleitung zur Kenntnis gegeben werden“, sagte Diroll. Hagebölling, ein Vertrauter Wulffs, war dem Bericht zufolge bereits Chef der Staatskanzlei unter Ministerpräsident Wulff in Hannover. Zuvor hatte nach Informationen der Zeitung Andreas Wegend, Leiter des Personalreferats Z1, das Papier unterzeichnet.

Wulff war am 17. Februar zurückgetreten, nachdem er über zwei Monate wegen umstrittener Hauskredite und seinen Kontakten zu Unternehmerfreunden in der Kritik stand. Am 16. Februar hatte die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung seiner Immunität beantragt, um Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme einleiten zu können.

Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich einer Umfrage zufolge, dass Wulff auf den Ehrensold verzichtet. Laut ARD-DeutschlandTrend sind dies 84 Prozent, nur 15 Prozent befürworten die Zahlung an Wulff.

Mit Material von rtr und dapd