Nur massiver Einsatz könne die Bedrohung durch rechtsradikale Dorfstrukturen im Osten Deutschlands zerstören, so der SPD-Vorsitzende.

Berlin/Bielefeld/Potsdam. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fordert einen massiven Polizeieinsatz im Osten Deutschlands, um rechtsradikale Dorfstrukturen dort zu zerstören. „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass es Stadtteile und Gemeinden gibt, wo Deutsche und Ausländer durch braune Horden bedroht werden“, sagte Gabriel der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“ (Montagausgabe). „Im Zweifelsfall müssen wir da auch mehr Polizei hinschicken“, sagte er. Es dürfe keine demokratiefreie Zonen geben. Der Rechtsterro SPD-Chef Gabriel fordert massiven Polizeieinsatz gegen „braune Horden“. Der Rechtsterrorismus sei unterschätzt worden. „Der Staat muss sein Gewaltmonopol durchsetzen. Die Demokratie wird nicht durch Reden im Bundestag verteidigt, sondern vor Ort“, sagte der SPD-Chef.

Neonazi-Terror – Vogel weist Verantwortung zurück

Thüringens früherer Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) hat die Arbeit der Verfassungsschutzämter nach den Pannen bei der Verfolgung der Zwickauer Neonazi-Terroristen kritisiert. Er habe immer eine gewisse Skepsis gegen Verfassungsschutzämter gehegt, sagte Vogel der „Thüringer Allgemeinen“ (Montag). „Ich habe selten von ihnen Informationen bekommen, die ich nicht vorher schon in der Zeitung gelesen hatte.“

Der Alt-Ministerpräsident, während dessen Regierungszeit die mutmaßlichen Rechtsterroristen aus Thüringen untertauchen konnten, wies die Verantwortung dafür unter Verweis auf den damaligen Innenminister Richard Dewes (SPD) von sich. „Wenn die Minister nichts vortragen, dann verlässt sich der Regierungschef darauf, dass die Ressortchefs alles selbst im Griff haben.“

Das Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aus Jena soll die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund gebildet haben, die vom sächsischen Zwickau aus operierte. Den beiden Männern, die sich nach derzeitigem Stand vor einer Festnahme selbst töteten, werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin angelastet. Die 36-jährige Zschäpe sitzt in Untersuchungshaft.

Vogel zeigte sich unzufrieden mit der Arbeit der Ermittlungsbehörden: „Es ist mir bisher völlig unverständlich, wie das, was passiert ist, passieren konnte, und dass dies niemand gemerkt hat.“ Dass niemand in den Ländern und im Bund auf die Idee gekommen sei, eine Fährte in das Lager des Rechtsradikalismus zu verfolgen, könne er nicht nachvollziehen.

Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm räumte Fehler im Umgang mit der Zwickauer Neonazi-Zelle ein. Fromm sagte dem Sender MDR Thüringen am Sonntag, die Dienste hätten die rechte Szene um die Jahrtausendwende zwar nicht unterschätzt, aber das Gewaltpotenzial sei nicht gesehen worden. „Dass es eine solche Zelle gegeben hat, die eine solche Mordserie begeht, das war außerhalb unserer Vorstellungswelt“, sagte Fromm am Rande einer Veranstaltung in Weimar.

Woidke: In Brandenburg kein Neonazi-Unterstützernetz

In Brandenburg gibt es laut Innenminister Dietmar Woidke (SPD) nach den bisherigen Erkenntnissen kein Unterstützernetz für die Jenaer Neonazi-Terrorzelle. Er schließe dies aber auch nicht aus, sagte Woidke dem „Neuen Deutschland“ (Montag). Die jetzt verabredete Erstellung einer Zentraldatei von Bund und Ländern für rechte Gewalttäter und ein „Abwehrzentrum Rechts“ hält Woidke für richtige Ansätze. Es gehe darum, dass alle Sicherheitsbehörden ihre Zusammenarbeit durch intensiven Informationsaustausch und gemeinsame Analyse verbesserten. Dabei habe es in der Vergangenheit offenbar schwere Mängel gegeben, sagte Woidke. (dpa/dapd)