Beschuldigter Andre E. soll Zwickauer Trio unterstützt haben. Bundesinnenminister Friedrich weist Rücktrittsforderungen zurück.

Berlin/Karlsruhe. Ein mutmaßlicher Unterstützer der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ist in Brandenburg festgenommen worden. In Mühlenfließ nahmen Beamte der Spezialeinheit GSG 9 gestern den 32-jährigen Andre E. fest. Er sei dringend verdächtig, in zwei Fällen die terroristische Vereinigung unterstützt zu haben, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. Zudem bestehe gegen ihn der dringende Verdacht der Volksverhetzung und der Beihilfe zur Billigung von Straftaten. Inzwischen hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Verdächtigen in Untersuchungshaft genommen, wie Generalbundesanwalt Harald Range in Karlsruhe mitteilte. Bei seiner Vernehmung machte E. vor Gericht laut Bundesanwaltschaft keine Angaben.

+++ Generalbundesanwalt nennt Andre E. menschenverachtend +++

Der Festgenommene soll seit 2003 in engem Kontakt mit den Mitgliedern des NSU gestanden haben, denen die Morde an neun ausländischen Kleinunternehmern und der Mordanschlag auf zwei Heilbronner Polizisten zur Last gelegt werden. Andre E. wird verdächtigt, im Jahr 2007 den Propagandafilm hergestellt zu haben, in dem sich die terroristische Vereinigung zu den Taten bekennt. Im Mai 2009 soll der Beschuldigte den beiden NSU-Mitgliedern Uwe B. und Beate Z. außerdem ermöglicht haben, auf ihn und seine Ehefrau ausgestellte Bahncards zu nutzen. Andre E., der eigentlich in Sachsen lebt, wird der dortigen rechtsextremen Szene zugeordnet. Bei dem Brandenburger Gehöft, auf dem er festgenommen wurde, handelt es sich offenbar um den Hof seines Bruders Maik E., der den Verfassungsschutzbehörden als Rechtsextremist bekannt ist.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hatte bereits am Mittwoch Haftbefehl gegen Andre E. erlassen. Am Donnerstag wurden auch Wohnungen in Dresden, Jena und Zwickau durchsucht. Darunter befindet sich auch die Wohnung von Andre E. in Zwickau. Die Ankündigung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), eine hochrangige Expertenkommission zur Aufklärung der Neonazi-Morde einzurichten, hat in der Opposition ein geteiltes Echo. "Ich begrüße die Einrichtung einer Regierungskommission", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann gestern in Berlin. Allerdings reiche die nichtöffentliche Selbstaufklärung der Regierung nicht aus. Sie könne die Aufklärung durch die Parlamente nicht ersetzen. Es werde in jedem Fall auch eine Initiative des Bundestags geben.

Auch der Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele hält die Maßnahme von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) für "gut und richtig". Die Kommission könne aber die Aufklärung und deren Kontrolle durch Bund und Länder nicht ersetzen, erklärte Ströbele. Dafür brauche man einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Kritischer äußerte sich der Linken-Abgeordnete Wolfgang Neskovic, der ebenfalls Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist. "Es ist abwegig, ernsthaft anzunehmen, die Sicherheitsbehörden würden das eigene Versagen unvoreingenommen, sorgfältig und lückenlos aufklären", sagte Neskovic. Eine Untersuchungskommission, die der Innenminister in der Hand habe, werde keinesfalls umfassend aufklären. "Hier will der Angeklagte über sich selbst richten", bemängelte der ehemalige Bundesrichter.

Friedrich wies unterdessen Rücktrittsforderungen aus der SPD zurück. Er sagte gestern in Berlin: "Wichtig ist, dass wir jetzt alles daransetzen, die Aufklärung der Verbrechen und der Strukturen, die dahinter stehen, voranzutreiben und Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen." Er ergänzte: "Das ist jetzt meine Aufgabe und meine Verantwortung. Da kann ich mich mit parteipolitischem Klein-Klein und Gezänk nicht beschäftigen." Zuvor hatte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz Friedrich wegen seines Umgangs mit der rechtsextremen Mordserie zum Rücktritt aufgefordert. Der Bundesinnenminister sei "dieser Herausforderung nicht gewachsen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Unterstützung erhielt Friedrich von CSU und FDP. Der Vorstoß von Wiefelspütz sei "widerlich", sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Hartfrid Wolff. Die Gewalttaten der Zwickauer Terrorzelle seien überwiegend in der Amtszeit des SPD-Innenministers Otto Schily begangen worden. "Damals war Wiefelspütz selbst innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion und der jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier Kanzleramtsminister. Er hatte so direkten Zugriff auf die Geheimdienste."