Kurz vor dem CDU-Parteitag in Leipzig hat sich die Führungsspitze geeinigt. Eine Orientierung am Zeitarbeits-Mindestlohn ist vom Tisch.

Leipzig. Die CDU hat ihren Streit um die Einführung von Mindestlöhnen beigelegt und so eine offene Auseinandersetzung auf dem Parteitag in Leipzig abgewendet. Die Parteiflügel einigten sich, dass es eine allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze geben soll, teilte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Sonntagabend nach einer Vorstandssitzung der Partei in Leipzig mit.

Die Untergrenze soll sich aber „nicht an einem Tarifvertrag“ orientieren – vorgesehen war bisher die Zeitarbeitsbranche -, sondern an einem Korridor der bisher etwa zehn ausgehandelten Mindestlöhne. „Die Festlegung von Einzelheiten und weiteren Differenzierungen obliegt der Kommission.“ Sie wird sich aus den Tarifpartner zusammensetzen.

Damit ist die Position der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin Angela Merkel erfüllt, die keine Anbindung an die Zeitarbeit, sondern regional- und branchenspezifische Lohnuntergrenzen wollte. Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) sieht sich ebenfalls bestätigt. „Wir wollten einen Anhaltspunkt für die Kommission. Der steht jetzt drin“, sagte ein CDA-Sprecher. Die zehn Lohnuntergrenzen beliefen sich auf sechs bis elf Euro, die meisten aber auf sieben bis acht Euro.

Der Sozialflügel wollte ursprünglich eine Anbindung an die Zeitarbeitsbranche, die zwischen sieben und acht Euro pro Stunde zahlt. Der Koalitionspartner FDP hatte auf seinem Parteitag in Frankfurt klar gemacht, dass er einen flächendeckenden Mindestlohn nicht mittragen werde.

+++ Gröhe rechnet mit klarem "Ja" zur Lohnuntergrenze +++

+++Kommentar: Klug eingelenkt, Frau Kanzlerin+++

Der Formulierungsvorschlag lautet: „Die CDU Deutschlands hält es für notwendig, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert.“ Gröhe ging davon aus, dass sich nun die CDU-Antragskommission damit erneut befasst. Bisher empfiehlt dieses Gremium die Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn angebunden an die Zeitarbeitsbranche.

Merkel hatte beim Rundgang durch die Tagungshalle am Nachmittag gesagt: „Über die Einzelheiten werden wir sicherlich noch Diskussionen haben.“ Danach setzte sich unter Gröhes Leitung eine Gruppe mit den streitenden Flügeln um Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Umweltminister Norbert Röttgen, CDA-Chef Karl-Josef Laumann und mehreren Vertretern der Länder zusammen und arbeitete die neue Linie aus. Von der Leyen sagte danach: „Gewinner sind die Menschen, die fleißig zu niedrigsten Stundenlöhnen arbeiten.“

Vor der Mindestlohndebatte will die CDU an diesem Montag zum Auftakt des zweitägigen Kongresses zunächst ihren Kurs in der Schuldenkrise Europas festlegen. Am Dienstag wollen die Christdemokraten eine neue Schulpolitik beschließen und sich voraussichtlich weitgehend von der Hauptschule verabschieden. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben unseren Mitgliedern in den vergangenen Monaten viel zugemutet. Und dass der Union ein Linksruck nachgesagt wird, ist schon ein Stachel.“ Der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, mahnte: „Wir müssen die Wirtschaftskompetenz stärken.“

Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ingrid Sehrbrock, appellierte an die CDU, sich für einen allgemeinen Mindestlohn auszusprechen. Der DGB fordert mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Arbeitgeber-Chef Dieter Hundt warnte die CDU in der „Bild“-Zeitung: „Was nützt flächendeckender Mindestlohn, der nicht gezahlt wird, weil es den Arbeitsplatz nicht mehr gibt?“ Bei 8,50 Euro würden 1,2 Millionen Stellen abgebaut. Vizekanzler und FDP-Chef Philipp Rösler betonte, mit seiner Partei werde es „keinen flächendeckenden, allgemeinen Mindestlohn geben“. (dpa)