Berlin/Hamburg. Jetzt doch: Das gesamte IT-Netzwerk muss offenbar ausgetauscht werden. NSA-Ausschuss befragt Kanzlerin Merkels engste Mitarbeiter.

Das IT-Netzwerk des Deutschen Bundestages wird von Hackern attackiert, der US-Geheimdienst NSA schnüffelt auch in Deutschland – kaum ein Tag vergeht, an dem die Internetsicherheit der höchsten deutschen Verfassungsorgane und Behörden sowie der Wirtschaft nicht besorgniserregende Schlagzeilen liefert. Und immer wieder wird beschwichtigt, wie zuletzt von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim G7-Gipfel und dem Treffen mit US-Präsident Barack Obama.

Jetzt hat der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, vor der Schwere des Angriffs auf den Bundetag gewarnt. Von Notz sagte dem RBB, es habe sich „um einen hochkarätigen Angriff von geheimdienstlicher Qualität“ gehandelt. Trojaner seien tief in das Netzwerk eingedrungen und hätten gravierende Probleme verursacht.

Chinesische Schriftzeichen im Quellcode beweisen noch nichts

Der Grünen-Experte sagte, man wisse noch nicht, wer hinter der Attacke stecke. „Sie können in der digitalen Welt die Spuren eines solchen Angriffs maximal verwischen. Wenn Sie in irgendeinen Quellcode drei chinesische Schriftzeichen reinsetzen, dann ist das eben gerade kein Beweis dafür, dass das nun aus China kommt. Das heißt nicht, dass es nicht so ist, aber es ist eben unheimlich schwierig, darüber einen Nachweis zu führen. Und die Möglichkeiten der Vertuschung und der Irreführung sind in dem Bereich enorm hoch. Deswegen: Ich würde mich da überhaupt nicht festlegen, aus welcher Himmelsrichtung das jetzt kommt.“

Er kritisierte außerdem die Informationspolitik der Bundestagsverwaltung, die besser werden müsse. Zunächst hatte es geheißen, der Angriff sei nicht so gravierend gewesen. Dann wurde bekannt, dass die komplette IT ausgetauscht werden müsse.

BSI: Angegriffenes Bundestag-Netzwerk muss aufgegeben werden

Die Spezialisten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seien zu dem Schluss gekommen, dass das Bundestags-Netzwerk nicht mehr verteidigt werden könne und aufgegeben werden müsse, berichteten „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR. Laut „Spiegel Online“ fließen aus dem Netzwerk weiterhin unkontrolliert Daten ab.

Allerdings: Die Geheimschutzstelle, der NSA-Untersuchungsausschuss und die Personalverwaltung des Bundestages seien von dem Angriff nicht betroffen, da sie besonders gesicherte Netzwerke nutzen.

Und an diesem Donnerstag will der NSA-Untersuchungsausschuss weitere Zeugen vernehmen, um Licht in die Rolle des Bundeskanzleramtes bei der deutschen Hilfe für den US-Geheimdienst zu bringen. Nach Einschätzung der Linken wird dabei ein eigenes Engagement der Merkel-Behörde deutlich werden, wie die Linken-Obfrau des Bundestagsgremiums, Martina Renner, der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Es ist nicht immer nur der Bundesnachrichtendienst, der gesagt hat: unbedingt machen “, sagte Renner. An diesem Donnerstag vernimmt der Ausschuss Mitarbeiter des Kanzleramts und des BND. Im Zentrum der Befragung stehe die Abteilung sechs des Kanzleramts, zuständig für die dienstliche Kontrolle des BND.

Hat der BND der NSA beim Spionieren geholfen?

Der BND soll dem US-Geheimdienst NSA über Jahre geholfen haben, europäische Firmen und Politiker auszuspähen. Die US-Geheimdienstler schleusten demnach viele Tausend unzulässige Suchbegriffe (Selektoren) - etwa Mailadressen oder Telefonnummern - beim BND ein, um auf diesem Weg aus der Datensammlung des BND auch Informationen über europäische Ziele abzugreifen. (HA/dpa)