Der Streitschlichter von Stuttgart hält Großprojekte dieser Dimension in der Zukunft ohne die Bürger für nicht mehr durchsetzbar.

Stuttgart/Hamburg. Dass das Bahnprojekt Stuttgart 21 solch hohe Wellen schlagen würde, hätte wohl kaum ein Politiker geahnt. Dementsprechend sieht der Schlichter im Streit um Stuttgart 21, Heiner Geißler , die Zukunft solcher Projekte kritisch. Ähnliche Großvorhaben in der Zukunft hält er für kaum noch durchsetzbar. „Es wird keine Regierung mehr geben, die ein solches Projekt in dieser Weise durchzieht“, sagte Geißler der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Die Politik wird gezwungen sein, nicht nur die technologischen und ökonomischen Vorteile zu sehen, sondern auch die Auswirkungen auf die Menschen zu berücksichtigen“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Unabhängig davon, ob ihm eine Schlichtung gelinge, sehe die Welt „nach Stuttgart 21 auf jeden Fall anders aus als vorher“.

+++PROJEKTGEGNER SEHEN KAUM CHANCEN FÜR SCHLICHTER GEIßLER+++

Dass sich die Fronten in Stuttgart derart verhärten konnten, wundert den 80-Jährigen nicht. Er sprach von der Erfahrung eines ökonomisierten Lebens, vom Ohnmachtsgefühl der Bürger angesichts eines unkontrollierten Finanzsystems, von der schlechten Figur, die Politik unter solchen Umständen macht. „Die Menschen wissen, dass das Wirtschaftssystem versagt hat, und sie übertragen ihr Misstrauen auf die Politik insgesamt“, sagte Geißler.