Der Wirtschaftsexperte übernimmt wieder eine aktive Rolle in der CDU – zunächst in einer Reform-Kommission

Berlin. Armin Laschet freut sich über seinen Coup. Feixend steht er im Lichthof des Adenauer-Hauses. Mit einer einzigen Personalie hat es der Chef der nordrhein-westfälischen CDU geschafft, dass sich Journalisten nun bei ihm beklagen, nicht an der ersten Sitzung seiner bisher eher weniger bekannten Reformkommission teilnehmen zu können. Dabei sind solche Termine beliebt wie saures Bier. „Die Türen bleiben jetzt erst mal zu“, sagt Laschet. „Vielleicht beim nächsten Mal.“

Der Grund für das große Interesse: Als ein Mitglied der CDU-Kommission „Zusammenhalt stärken – Zukunft der Bürgergesellschaft gestalten“ hat Laschet einen alten Bekannten gewonnen: Friedrich Merz, den legendären ehemaligen Fraktionschef im Bundestag, der vor zehn Jahren seine aktive Politikerkarriere beendet hatte, nachdem er von Angela Merkel von seinem Posten verdrängt worden war. Seither ist Merz weniger aufgrund seiner politischen Errungenschaften als vielmehr wegen seiner Nichterrungenschaften zu einem Mythos geworden. Merz gilt als der schmerzlichste Verlust, den die Union je auf dem Feld der Wirtschaftspolitik erleiden musste. Seine Idee einer Bierdeckel-Reform – die Steuererklärung auf einem einzigen Schnipsel Papier – ist nicht nur Parteimitgliedern noch präsent. Dass manche seiner Ideen nie den Praxistest bestehen musste, ist vielleicht sein Glück.

So wurde Merz bis heute nicht vergessen. „Friedrich Merz steht für etwas, wofür es in der Union durchaus eine Sehnsucht gibt: für Steuerreform, Steuervereinfachung und Steuersenkung“, sagt der Gesundheitspolitiker Jens Spahn. In der Sitzung von Präsidium und Vorstand der CDU am Montag fiel der Name Merz allerdings dennoch nicht. Oder vielleicht gerade deshalb. Sind Merz’ „alte“ Themen doch in der Unionsführung derzeit nicht gerade populär. Die meisten haben es aufgegeben zu hoffen, dass sich Angela Merkel irgendwann noch an eine Steuerreform wagt, geschweige denn an eine große. Bei aller Freude über Merz’ neue kleine Rolle glaubt denn auch keiner an ein klassisches Comeback.

„Ich finde prima, dass Friedrich das macht“, sagt etwa Hessens Ministerpräsident, und CDU-Vize Volker Bouffier schränkt jedoch ein: „Weder er noch sonst jemand verbindet damit aber weitere Spekulationen.“ Friedrich Merz kehrt, das wird an diesem Montag klar, eher in die Fremde, als in seine alte Heimat zurück.

Auch eine Antwort auf den Erfolg der AfD will die Unionsführung in dem großen Namen Merz nicht sehen. „Merz stand immer für Reformen, Veränderung. Und die Anhänger der AfD wollen keine Veränderung“, sagt CDU-Generalsekretär Peter Tauber.

Merz selbst war für eine öffentliche Stellungnahme nicht zu erreichen. Zu viele Termine, ließ er sich entschuldigen. Der Mann taucht nicht aus dem Nirwana wieder auf.

Mit seinem Vortrag in der Kommissionssitzung schloss Merz auch nicht an früher an, sondern widmete sich einem aktuellen Thema: der Digitalisierung. Gerade bei jüngeren Abgeordneten trifft er damit vor dem Hintergrund der schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft einen Nerv. Die Konjunktur erlahmt, die Zahl der Aufträge der Unternehmen geht zurück. Dass daran die Sozialpolitik der schwarz-roten Bundesregierung schuld sein könnte, weist diese allerdings zurück. „Mütterrente und Mindestlohn werden einen Beitrag zur Konjunkturnachfrage leisten und ein Impuls für mehr Binnenkonsum sein“, sagt Tauber.

Dagegen drängt die Gruppe „CDU 2017“ um Jens Spahn (siehe links) die Regierung zu einer dezidiert wirtschaftsfreundlichen Politik: „Wir müssen uns anstrengen, wenn wir wirtschaftliche Lokomotive in Europa bleiben wollen. Leider macht uns der derzeitige Erfolg eher träge als kreativ.“ Wie das aussehen könnte, formuliert Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der Union, der ebenfalls zu der Gruppe gehört, so: „Der Koalitionsvertrag muss einem Mittelstands-TÜV unterzogen werden. Das heißt im Klartext: Bei den vereinbarten Projekten darf keinesfalls draufgesattelt werden. Das allein schafft bereits mehr Planungssicherheit.“ Planungssicherheit, das vor allem fehle den Unternehmen im Moment.

Spahn will allerdings die Unternehmen auch in die Pflicht nehmen: „Unsere Industrie hat zu wenig Gründergeist. Es wäre wünschenswert, wenn die großen Autofirmen einen Teil der Summe, die sie einmal über die Abwrackprämie vom Staat erhalten haben, heute in Start-ups stecken würden“, sagt er. Die Firmen müssten sich nicht mehr nur fragen lassen, wie viele Auszubildende sie hätten, sondern auch, was sie für Start-ups täten.

Spahn und seine Mitstreiter werden nun am Leitantrag für den Parteitag der CDU in Köln mitarbeiten. Die Kanzlerin, so wird berichtet, habe es begrüßt, dass sich die Jungen „mit der Zukunft“ beschäftigten. Wie sie darüber denkt, dass andere der Vergangenheit nachhängen, zu der Friedrich Merz gehört, ist nicht bekannt.

Kommissionen hat Merkel schließlich schon genug eingerichtet, um zu wissen, dass dort meistens zu viel geredet wird und sich ein Einzelner nur sehr schwer profilieren kann. Vor allem, wenn er längst nicht der einzige namhafte Teilnehmer ist. Zu der 40-köpfigen Laschet-Gruppe gehören nicht nur Politiker, sondern auch der bekannte Historiker Paul Nolte und der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte. Eine Friedrich-Merz-Show dürfte es also nicht werden.