Angela Merkel ist als Bundeskanzlerin einer Großen Koalition gesetzt. Aber wer leitet welches Ministerium? Erste Namen sickerten bereits durch. Wird von der Leyen Innenministerin?

Berlin. Sollten die SPD-Mitglieder mehrheitlich dem Koalitionsvertrag mit der Union zustimmen, werden an diesem Wochenende die Namen der neuen Kabinettsmitglieder bekannt. Von 14 Bundesministerien (ohne Kanzleramt) könnten fünf an die CDU, drei an die CSU und sechs an die SPD gehen. Die CDU stellt mit Angela Merkel die Kanzlerin, ein CDU-Politiker dürfte Kanzleramtschef werden. Die bisherige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll nach Informationen von „Bild.de“ neue Innenministerin werden. Über die Besetzung der übrigen Positionen wird spekuliert.

Am Freitag verdichteten sich die Hinweise, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel das Wirtschafts- und Energieministerium übernimmt; Frank-Walter Steinmeier soll wieder Außenminister, SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles Arbeits- und Sozialministerin werden und Partei-Vizechefin Manuela Schwesig Familienministerin. Eine Überraschung ist, dass Saarlands SPD-Chef Heiko Maas als Justizminister und SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks als Umweltministerin genannt werden. Die SPD hätte damit die gesamte Verantwortung für die Energiewende. Ein Überblick:

Kanzlerin: Angela Merkel, 59, (CDU): Sie wollte diese dritte Kanzlerschaft unbedingt. Nach Ansicht vieler Parteimitglieder hat sie damit ihren politischen Zenit erklommen. Als sie im Jahr 2000 erste Frau an der Spitze der CDU wurde, hätte kaum jemand der ostdeutschen Physikerin diese Karriere zugetraut.

Kanzleramtschef: Der bisherige Bundesumweltminister Peter Altmaier, 55, (CDU) gilt als wahrscheinlichster Kandidat, nachdem am späten Freitagabend bekannt wurde, dass der bisherige Amtsinhaber Ronald Pofalla, 54, (CDU), aus persönlichen Gründen seinen Posten verlassen und womöglich ganz aus der Bundespolitik ausscheiden will. Weitere Möglichkeit: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, 52.

Wirtschafts- und Energieministerium, Vizekanzler: Sigmar Gabriel, 54, (SPD): 2009 wurde er jüngster Parteichef seit Willy Brandt. Der gelernte Lehrer war zudem mit 40 Jahren in Niedersachsen jüngster deutscher Ministerpräsident (1999–2003). Von 2005 bis 2009 erwarb er sich als Bundesumweltminister Ansehen und Expertise im Bereich Erneuerbare Energien.

Finanzministerium: Wolfgang Schäuble, 71, (CDU) gilt als gesetzt. Die Union kann sich keinen Besseren vorstellen als den Mann mit der größten Regierungserfahrung von allen – er war schon Innenminister unter Kohl, Unionsfraktionschef und CDU-Chef.

Außenministerium: Frank-Walter Steinmeier, 57, (SPD): Er war Kanzleramtschef zu rot-grünen Zeiten, strickte für Schröder an der „Agenda 2010“ mit. Dann wurde der Jurist geachteter Außenminister (2005 bis 2009).

Innenministerium: Die bisherige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll nach Informationen von „Bild.de“ neue Innenministerin werden. Damit würde sie den bisherigen CSU-Minister Hans-Peter Friedrich ersetzen. Der galt bisher als Aussichtsreichster Kandidat für das Ministerium. CSU-Chef Horst Seehofer hat dem 56-Jährigen für diesen Posten noch im August eine Garantie gegeben. Zuletzt bekannte sich Seehofer aber nicht mehr so offen zu dem im Umgang sehr freundlichen Bayern. Der promovierte Jurist ist aber nicht auf das Innenministerium festgelegt: Friedrich studierte auch Wirtschaftswissenschaften und Volkswirtschaftslehre.

Gesundheitsministerium: Sollte Ursula von der Leyen, 55, (CDU), nicht das Innenministerium bekommen, wird sie für dieses Ressort gehandelt, obwohl die Ärztin es eigentlich nicht haben will. Die frühere niedersächsische Sozialministerin und CDU-Vize gilt wegen ihres scharfen Verstandes und ihrer Redegewandtheit als Allroundtalent in der Partei, ist aber nicht sehr beliebt.

Verteidigungsministerium: Thomas de Maizière, 59, (CDU) möchte gern Verteidigungsminister bleiben. Wegen des gescheiterten Rüstungsprojekts „Euro-Hawk“ wurde ihm vorgeworfen, sein Ministerium nicht im Griff zu haben. Er selbst sagt, er wolle das Verteidigungsministerium, das wegen des mächtigen Militärapparats gern als „Schlangengrube“ beschrieben wird, weiterführen, auch um Fehler zu beheben. Auch Hans-Peter Friedrich (CSU) könnte in das Verteidigungsressort wechseln, sollte er nicht Innenminister bleiben.

Umweltministerium: Barbara Hendricks, 61, (SPD): Barbara Hendricks war in ihrer bisherigen politischen Laufbahn vor allem eine Frau der Zahlen. In Düsseldorf arbeitete die 61-Jährige fast zehn Jahre lang als Sprecherin für die SPD-Finanzminister der NRW-Landesregierung. Kontakt zur Umweltpolitik hatte Hendricks Anfang der 1990er-Jahre in Nordrhein-Westfalen: Von 1991 bis 1994 leitete die promovierte Historikerin im Düsseldorfer Umweltministerium das Referat für grenzüberschreitende Studien.

Arbeits- und Sozialministerium: Andrea Nahles, 43, (SPD): Die Literaturwissenschaftlerin ist seit 2009 Generalsekretärin. Sie hat erst den Wahlkampf organisiert, dann die Koalitionsverhandlungen, schließlich den Mitgliederentscheid über die Große Koalition.

Bildungsministerium: Johanna Wanka, 62, (CDU) wurde erst 2013 nach dem Rücktritt von Annette Schavan Bildungsministerin. Die CDU stuft das Ressort als eines der wichtigsten im Kabinett ein.

Verkehrsministerium: Peter Ramsauer, 59, (CSU): Auch zu ihm ließ Seehofer zuletzt Distanz erkennen. Ramsauer hält das Ministerium für ein Schlüsselressort im Kabinett. Es gilt aber als möglich, dass er das Ressort Agrar- und Verbraucherschutz übernehmen muss.

Agrar- und Verbraucherministerium: Alexander Dobrindt, 43, (CSU): Seehofer hat ihm einen Ministerposten versprochen. Als Generalsekretär hat er im Bundestagswahlkampf Managerqualitäten bewiesen und sich in den Koalitionsverhandlungen zu einem der wichtigsten Sprachrohre der CSU entwickelt. Seehofer könnte ihn auch mit dem Verkehrsministerium belohnen, heißt es in der CSU.

Familienministerium: Manuela Schwesig, 39, (SPD): Sie ist das „Gesicht“ der ostdeutschen SPD mit einer Blitzkarriere seit ihrem Parteieintritt 2003. Seit 2009 ist sie auch SPD-Vize.

Justizministerium: Heiko Maas, 47, (SPD): Für Heiko Maas ist der Umzug ins Bundesjustizministerium so etwas wie eine letzte Chance nach vielen erfolglosen Anläufen im Saarland. Dreimal bewarb er sich für die SPD um das Amt des Regierungschefs in Saarbrücken, dreimal zog er den Kürzeren. Maas gilt als nüchterner Analytiker. Von 1999 bis 2012 stand er an der Spitze der saarländischen Landtagsfraktion, seit 2000 führt er auch die Landes-SPD. 1998 übernahm er als damals jüngster Minister in Deutschland das Umweltministerium – wenngleich nur kurz, denn die SPD musste bereits ein Jahr später der absoluten CDU-Mehrheit weichen. Für den neuen Job auf der Regierungsbank ist er als studierter Jurist mehr oder weniger vorbereitet.

Entwicklungsministerium: Hermann Gröhe, 52, (CDU): Gröhe hat großen Anteil an dem erfolgreichen Bundestagswahlkampf, an dessen Ende 41,5 Prozent für CDU/CSU standen. Dem Vernehmen nach würde er gern ein Ministerium übernehmen. Gröhe gilt auch beim politischen Gegner als sachlich, freundlich und fair. Er kann Konflikte geräuschlos lösen und Mehrheiten beschaffen. Hermann Gröhe war in der Unionsfraktion sieben Jahre lang Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.