Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger für Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Union signalisiert Gesprächsbereitschaft.

Berlin. Wenige Monate vor der Bundestagswahl ist eine Diskussion über die doppelte Staatsbürgerschaft entbrannt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich offen für die Genehmigung von mehr doppelten Staatsbürgerschaften gezeigt. Die Union lehnt die doppelte Staatsbürgerschaft bisher ab, zeigt sich aber gesprächsbereit. Betroffen sind vor allem Menschen türkischer Abstammung.

„Integration kann auch durch doppelte Staatsbürgerschaft gefördert werden, wie die vielen Fälle von gut integrierten Bürgern mit Doppelstaatsbürgerschaft zeigen“, sagte die Justizministerin am Dienstag „Spiegel online“. Dazu solle das geltende Optionsrecht reformiert werden. „Die Optionslösung gehört auf den Prüfstand, wenn es dazu führt, dass sich Menschen von Deutschland abwenden.“

Nach dem seit 2000 geltenden Optionsrecht müssen hier geborene Kinder von ausländischen Staatsbürgern, die aus Nicht-EU-Staaten kommen, bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres nachweisen, ob sie ihre ausländische Staatsbürgerschaft aufgegeben oder verloren haben. Tun sie das nicht, verlieren sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft.

Die Unionsfraktion will mit der FDP über das Thema sprechen. „Wir sehen nach wie vor die Problematik der Pflichtenkollision“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) am Dienstag in Berlin. Aber: „Wenn der Koalitionspartner anderer Auffassung ist, werden wir uns damit zu beschäftigen haben.“

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, begrüßte die Initiative der Justizministerin „Schön, dass die verzweifelt ums Überleben kämpfende FDP nun plötzlich ihre Liebe zur doppelten Staatsbürgerschaft entdeckt.“ Seit dem Jahr 2000 habe die FDP immer wieder entsprechende SPD-Initiativen abgelehnt, betonte Hartmann.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle will junge Migranten zum Bleiben in Deutschland bewegen. „Ich bin sehr für ideologische Abrüstung bei der Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Dienstag). Entscheidend sei nicht, ob jemand zwei Pässe habe, sondern ob er sich in Deutschland integriere und einbringe. „Qualifizierte Zuwanderung sichert unseren Wohlstand. Ich bin für eine Willkommenskultur“, sagte Brüderle.

Ausgelöst wurde die Debatte vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning (FDP). Er hatte am Montag in einem Zeitungsinterview erklärt, es sei „schwer auszuhalten“, dass manche Bürger je nach Herkunft dauerhaft die doppelte Staatsbürgerschaft bekämen, andere aber nicht.