Mit einer drastischen Maßnahme will Umweltminister Altmaier den Anstieg der Strompreise begrenzen. Ob Rot-Grün da mitmacht?

Berlin. Zur Begrenzung der Stromkosten in Deutschland will Bundesumweltminister Altmaier (CDU) die Ökostrom-Umlage für zwei Jahre einfrieren. Danach soll sie jährlich nur noch um maximal 2,5 Prozent steigen dürfen, schlug der Minister am Montag in Berlin vor. „Wir haben inzwischen eine Belastungsgrenze erreicht“, sagte Altmaier. Zum Jahresbeginn war die Umlage um fast 50 Prozent gestiegen. Dadurch muss ein Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden bereits jetzt netto 185 Euro nur für die Förderung von Solar- und Windparks zahlen.

Diese „Strompreis-Sicherung“ möchte Altmaier nach einer Verständigung von Bund, Ländern und den Fraktionen des Bundestags schon zum 1. August in Kraft setzen. Allerdings soll sie grundlegende Reformen im Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht ersetzen. Er halte es für möglich, die Maßnahme in einem großen Konsens ins Gesetz zu schreiben. Abzuwarten bleibt allerdings, wie die von SPD und Grünen regierten Länder reagieren. Es gebe die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass der Fortgang der Energiewende nicht durch Debatten über die Strompreisentwicklung gefährdet werde, sagte Altmaier. Private Stromverbraucher sowie Mittelstand und Handwerk bräuchten berechenbare Perspektiven. „Damit erhalten Millionen von Stromverbrauchern, Millionen von Selbstständigen die Gewissheit (...), dass sie nicht unzumutbar und unkalkulierbar belastet werden“, so der Minister.

Zum Jahresbeginn waren die Strompreise – auch wegen einer Ausweitung von Industrierabatten und gestiegenen Netzentgelten – um im Schnitt 12 Prozent nach oben geklettert. Die auf den Strompreis aufgeschlagene Ökostrom-Umlage war zum Jahresbeginn von 3,59 auf 5,277 je Kilowattstunde gestiegen. Auf diesem Niveau soll sie nun eingefroren werden. Besitzer von Solaranlagen, Windrädern und Biogasanlagen erhalten auf 20 Jahre garantierte feste Vergütungen.

Kosten werden auf Strompreise abgewälzt

Die Differenz zwischen dem am Markt erzielten Preis für den produzierten Strom und der Einspeisevergütung zahlen die Verbraucher per Umlage über den Strompreis. Derzeit werden bereits 16 Milliarden Euro pro Jahr auf die Strompreise abgewälzt, die bereits gezahlten und noch zu zahlenden Vergütungen können sich laut Altmaier bis 2020 auf 150 bis 170 Milliarden Euro belaufen. Das Problem ist, dass immer mehr grüner Strom die Einkaufspreise für Strom massiv senkt – der Anteil liegt bereits bei 23 Prozent. Dadurch gibt es aber auch für die Kilowattstunde Solarstrom weniger Geld. So wächst die Differenz zum festen Vergütungssatz und damit die Umlage.

Altmaier schlägt nun ein Maßnahmenbündel zur Stabilisierung des Strompreises vor. Investoren müssen damit rechnen, dass die Zahlung der Vergütung ab Inbetriebnahme für eine bestimmte Anzahl von Monaten ausgesetzt wird. Die Rabatte für Unternehmen bei den Förderkosten sollen begrenzt werden. Das soll 500 Millionen Euro Entlastung bringen. Solaranlagenbesitzer, die den Strom selbst verbrauchen, sollen mit einer Mindestumlage belegt werden. Denn wenn immer mehr Bürger ihren Strom selbst nutzen, scheiden sie aus dem Solidarsystem zur gemeinsamen Finanzierung des Ökoenergie-Ausbaus aus und zahlen keine Umlage mehr.

Für bestehende Anlagen wird es aber keine Einschnitte geben. Hier gilt der Bestandsschutz. Deshalb komme nur die befristete Erhebung eines „Energie-Soli“ durch eine vertretbare Vergütungskürzung in Betracht. „Aufgrund der großen Zahl von Bestandsanlagen könnten sich die Einnahmen auf bis zu 300 Millionen Euro belaufen“, so Altmaier. Zudem soll eine Liquiditätsreserve flexibler gestaltet werden.

Lob von Rösler - Kritik von Gabriel

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat die Vorschläge von Altmaier als „absolut richtig“ gelobt. Es handele sich um einen „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, sagte er am Montag in Berlin. „Weitere müssen folgen.“ Man dürfe sich nicht mit Zwischenschritten aufhalten. Notwendig sei der große Wurf zu einer grundlegenden Reform der Förderung erneuerbarer Energien. Hier reiche es nicht, an ein paar Stellschrauben zu drehen. Gesprochen werde müsse etwa auch über Anlagen, die gar nicht am Netz seien, aber dennoch 90 Prozent der Vergütungen erhielten. „Dazu habe ich in den Vorschlägen bisher noch nichts gefunden“, monierte Rösler. Entscheidend sei auch, dass sich die Opposition einer Debatte nicht verweigere. Hauptkostentreiber sei das Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien.

Rösler war erst am Montagmorgen von dem Vorstoß informiert worden. Er kämpfe seit Monaten dafür, dass Energie für Unternehmen und Menschen bezahlbar bleibe, betonte Rösler. Insofern sei es gut, dass es vonseiten des Umweltministeriums Bewegung und Einsicht gebe, noch in dieser Legislaturperiode etwas zu ändern. Die Vorschläge deckten sich auch mit denen, die er und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle schon vor einem halben Jahr zur Deckelung der Ökostromförderung gemacht hätten.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die Pläne von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hingegen scharf kritisiert. „Offensichtlich haben wir eine Regierung in Auflösung in Berlin sitzen“, sagte Gabriel am Montag in Potsdam mit Blick darauf, dass Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gar nicht in die Pläne eingeweiht war. „Das ist durchsichtiges Schau-Manöver“, betonte Gabriel. Investoren würden nur verunsichert. „Das hat massive Folgen für die Energiewende, das ist sehr unausgegoren.“ Wenn Kosten gesenkt werden sollen, müssten Union und FDP endlich ein neues Marktdesign entwickeln, das der zunehmenden, schwankenden Ökostromeinspeisung Rechnung trage, sagte Gabriel.