Das im Dezember von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Gesetz sei „mangelhaft und miserabel formuliert“, sagte Professor Holm Putzke.

Passau/Karlsruhe. Der Passauer Strafrechtler, Professor Holm Putzke, hält das neue Beschneidungsgesetz für verfassungswidrig. Das im Dezember von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Gesetz sei „mangelhaft und miserabel formuliert“, sagte er am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion in Karlsruhe.

Er sieht in dem Gesetz, das religiös motivierte Beschneidungen bei Juden und Muslimen erlaubt, einen Verstoß gegen die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz. Als Alternative wäre aus seiner Sicht höchstens ein Strafausschluss für religiöse Beschneidungen denkbar, bei dem der „massive Eingriff“ ausnahmsweise zugelassen werden könnte.

„Ich möchte, dass jeder selbst entscheiden kann“, sagte Putzke. Er plädierte dafür, die Beschneidung erst nach der Geschlechtsreife vorzunehmen, wenn der Jugendliche selbst darüber entscheiden könne. Bei der „Amputation der Vorhaut“ handle es sich nicht um einen harmlosen Eingriff. Bei der Beschneidung von Neugeborenen gebe es keine Vorteile, aber mögliche Nachteile, wie etwa Komplikationen. Das Kindeswohl sei im deutschen Rechtsstaat keine Verhandlungssache.

Bei Juden und Muslimen gehört die Entfernung der Vorhaut bei Jungen zur Tradition. Das Gesetz war formuliert worden, um Rechtssicherheit zu schaffen, nachdem im vergangenen Sommer ein Kölner Gerichtsurteil die rituelle Beschneidung als strafbare Körperverletzung gewertet hatte. Das Urteil war von Juden und Muslimen heftig kritisiert worden.