Der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will die Mietpreise ausbremsen. Eigentümer warnen vor “Tod für den Wohnungsbau“ in Hamburg.

Hamburg/Berlin. Fehltritte abhaken, Schluss mit Patzern, jetzt kommen die Inhalte: Das ist die Botschaft, die Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und seine SPD auf der Klausurtagung der Fraktionsspitze in Hannover in die Republik senden. Vor allem ein Thema stellen die Sozialdemokraten im Jahr der Bundestagswahl in den Mittelpunkt ihrer Politik: der Kampf gegen die steigenden Mieten. Steinbrück nennt es "eine neue soziale Frage".

Um bezahlbare Wohnungen für Familien, Alleinerziehende und Ältere zu erhalten, will die SPD die Preise deckeln - und zwar sowohl für Bestandsmieten als auch für Neuvermietungen. Dies geht aus einem Positionspapier hervor, das dem Abendblatt vorliegt. Schließen Mieter und Vermieter neue Verträge ab, darf der Preis für die Wohnung nicht mehr als zehn Prozent über der "ortsüblichen Vergleichsmiete" liegen. Bei Bestandsmieten soll die Obergrenze bei maximal 15 Prozent in vier Jahren liegen. Die SPD will dazu einen Vorstoß im Bundesrat starten - sie hofft, in der Länderkammer nach einem Sieg für Rot-Grün bei der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar eine eigene Mehrheit zu stellen. "Wir werden im Bundesrat dafür sorgen, dass Mieterinnen und Mieter bei Sanierungen nicht durch überhöhte Mietpreisaufschläge aus ihren Wohnungen verdrängt werden", heißt es in dem Papier.

Die Sozialdemokraten richten sich mit dem Vorstoß an eine große und zunehmend wütende Wählerklientel: die Bewohner von 24 Millionen Mietwohnungen in Deutschland. In Metropolen wie Hamburg und Berlin hatte es zuletzt starke Proteste gegen die steigenden Mieten gegeben.

Parallel zur Preisbremse setzt die SPD auf den sozialen Wohnungsausbau. Der Bund zahlt den Ländern derzeit 518 Millionen Euro für den Bau von günstigem Wohnraum. Diese Hilfe des Bundes will die SPD bis 2019 verlängern. Über das Thema "Mietpreisbremse" sucht die SPD einen Ausweg aus den Debatten um die Nebeneinkünfte von Steinbrück. Der Kanzlerkandidat und die Partei stehen unter Druck. In Umfragen des Forsa-Instituts sinkt die SPD um zwei Punkte auf 25 Prozent - ihren niedrigsten Wert seit April 2012. Und die Union steigt auf ein neues Rekordhoch von 42 Prozent.

Nun wollen die Sozialdemokraten auch mit Sozialem bei den Wählern punkten. Familien mit wenig Geld sollen einen Aufschlag aufs Kindergeld erhalten, wenn das Haushaltseinkommen im Monat unter 3000 Euro brutto liegt. Und auch bei den Mieten geht die SPD noch weiter: "Maklergebühren zahlt, wer Makler bestellt", heißt es in dem Papier weiter. Es könne nicht sein, dass Eigentümer und Makler ein Geschäft zulasten Dritter, der wohnungssuchenden Mieter, machten. Ein Vorstoß, der aus Hamburg kommt. Im Herbst hatte der SPD-Senat eine Gesetzesinitiative im Bundesrat eingebracht, mit dem Ziel, für Maklerleistungen das "Bestellerprinzip" festzuschreiben.

Mietrechtsexperten der CDU kritisieren das Strategiepapier der SPD. Der Berliner Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak warnte vor einem "investitionsfeindlichen Klima". Säule der Eigentümer seien die privaten Kleinvermieter, die ihr Geld in den Wohnungsbau stecken, um damit fürs Alter vorzusorgen. Verschlechtere die Politik die Rahmenbedingungen für Neuverträge, würden diese Kleinvermieter nicht mehr in Wohnungsbau investieren.

Heinrich Stüven geht noch weiter. Für den Vorsitzenden des Grundeigentümerverbands in Hamburg bedeutet die Mietpreisbremse von zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete "den Tod für den Wohnungsbau" in der Hansestadt. Die Forderung der SPD schaffe eine Unsicherheit bei Eigentümern und privaten Wohnungsbauern, sagte Stüven dem Abendblatt. Es sei nicht klar, wie sich der Richtwert für Neuverträge zusammensetze und inwieweit beispielsweise eine Einbauküche oder eine neue Heizungsanlage darin berücksichtigt würden.

Im Dezember hatte die schwarz-gelbe Regierung erfolgreich ein Gesetz durchgesetzt, das die Rechte von Mietern stärken sollte. Ähnlich wie es die SPD vorschlägt, dürfen seitdem Preise für Bestandsmieten nur um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren steigen. Doch Schwarz-Gelb erntete nur wenig Begeisterung für ihr neues Gesetz. Der Deutsche Mieterbund nannte den Vorstoß "sozial unausgewogen".

Denn vor allem bei neuen Verträgen müssen Wohnungssuchende immer mehr zahlen. Seit 2007 sind die Mieten in Berlin um mehr als 20 Prozent gestiegen. Für Frankfurt wurde ein Plus von 15 Prozent registriert, im ohnehin schon teuren München eines von 13 Prozent. Am stärksten war der Anstieg in Hamburg: Dort werden die gleichen Wohnungen heute um fast 26 Prozent teurer neu vermietet als noch 2005.