Ab Januar 2013 soll auf deutsches Vermögen in der Schweiz Steuern erhoben werden. SPD und Grüne blockieren das Abkommen.

Berlin/Bern. Seit Wochen laufen SPD und Grüne Sturm gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz. An diesem Freitag wollen sie es bei der Abstimmung im Bundesrat zu Fall bringen. Regierung und Koalition können dann versuchen, im Vermittlungsausschuss den Deal noch zu retten. Ob dies aber gelingt, ist mehr als ungewiss.

Mit welcher Begründung bekämpfen SPD und Grüne das Abkommen?

Sie kritisieren, dass Betrug im Nachhinein legalisiert würde. Steuerbetrüger müssten zwar zahlen, könnten aber auch künftig anonym bleiben. Die Nachzahlungen auf unversteuerte Vermögen seien zu gering und ungerecht gegenüber ehrlichen Steuerzahlern. Außerdem könne man Schweizer Banken, die künftig Steuern für ihre Kunden an den Fiskus abführen sollen, sowieso nicht trauen: „Was die machen, ist eine bandenmäßige Steuerhinterziehung“, behauptet SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Was hält die Bundesregierung dagegen?

Die Vereinbarung sei besser als ähnliche Abkommen der Schweiz mit Österreich, Großbritannien oder den USA. Ohne das Abkommen verjährten täglich neue Fälle von Steuerbetrug. Deutschland würden Milliarden verloren gehen, wenn das Abkommen scheitert, warnt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Mit Inkrafttreten des Abkommens würde das Schweizer Steuerschlupfloch endgültig verschlossen werden. Erstmals wäre gewährleistet, dass Deutsche auf Vermögen in der Schweiz genauso viel Ertragssteuern zahlen wie in Deutschland.

Um wie viel deutsches Schwarzgeld geht es?

Niemand weiß genau, wie viel seit Jahren über die Grenze geschafft wurde. Schätzungen reichen bis zu 300 Milliarden Euro. Die Hälfte entfällt wohl auf institutionelle Anleger, der Rest auf Private. Ein Großteil wurde aber zuvor in Deutschland versteuert. Schätzungen zufolge haben Deutsche bis zu 80 Milliarden Euro Schwarzgeld versteckt. Etwa ein Viertel davon dürfte in den vergangenen Jahren wegen des höheren Entdeckungsrisikos wiederum in vermeintlich sichere Steueroasen auf der Welt transferiert worden sein.

Mit welchen Einnahmen könnte der deutsche Fiskus rechnen?

Schweizer Banken sollen auf das Alt-Schwarzgeld eine einmalige Steuer zwischen 21 und 41 Prozent erheben – anonym und rückwirkend für zehn Jahre. Das Kapitalvermögen wäre damit „legalisiert“, die Besitzer blieben anonym. Von der Nachversteuerung erhofft sich das Finanzministerium bis zu zehn Milliarden Euro, was die Opposition als reines Wunschdenken kritisiert. Sicher wäre allenfalls eine Vorauszahlung Schweizer Banken von rund 1,66 Milliarden Euro.

Und was wäre ab 2013 an Kapitalertragssteuer fällig?

Der Prozentsatz wäre derselbe wie in Deutschland. Mit der Quellensteuer von etwa 26,4 Prozent (inklusive „Soli“-Zuschlag) auf Zinsen und Dividenden soll die Besteuerung von Erträgen in der Schweiz auf Dauer sichergestellt werden. Zudem sollen künftig auch Erbschaften erfasst werden. Der deutsche Fiskus erhofft sich - konservativ geschätzt – etwa 700 Millionen Euro jährlich.

Was passiert, wenn das Steuerabkommen scheitert?

Deutsche Schwarzgeld-Millionen würden weiter nur entdeckt werden, wenn die Besitzer sich selbst anzeigen oder wenn ihnen Fahnder auf die Schliche kommen, zum Beispiel mit Hilfe sogenannter Steuer-CDs. Nach Schweizer Recht ist der Ankauf solcher Daten Hehlerei. Er belastet die Beziehungen beider Länder. Ungewiss ist, ob solche CDs auch künftig verfügbar sind. Schweizer Banken haben Sicherungssysteme verstärkt. Hinzu kommt, dass Steuerdelikte in Deutschland nach zehn Jahren verjähren. Wer nicht rechtzeitig entdeckt wird, kommt davon.

Warum ist die Schweiz an dem Abkommen interessiert?

Man hat verstanden, dass das Land als Steuerfluchtburg keine Zukunft hat. Druck durch die USA und die EU – die wichtigsten Handelspartner - hat dazu beigetragen. Das Land verfolgt nun eine „Weißgeldstrategie“, ohne die seine Banken den Zugang zum internationalen Finanzmarkt verlieren würden. Zugleich will Bern aber das Bankgeheimnis von 1934 aufrechterhalten, das für viele Schweizer auch Ausdruck der Souveränität ihres Staates ist. Bilaterale Steuerabkommen sollen das ermöglichen. Mit Großbritannien und Österreich ist das geglückt.

Kann die Regierung in Bern nicht nachbessern?

Nein, das Abkommen wurde von beiden Kammern des Schweizer Parlaments gebilligt und somit ratifiziert. Auch die deutsche Regierung könnte einen von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Vertrag nicht hinterher ändern.

Das letzte Wort wird im Bundesrat aber noch nicht gesprochen?

Nein. Eine letzte Chance hat Schwarz-Gelb im Vermittlungsausschuss. Nach unbestätigten Berichten würde der Bund auf seinen Anteil an den erhofften Milliarden aus der Schweiz verzichten und alles den Ländern überlassen. SPD und Grüne haben aber schon klar gestellt: Kein Kuhhandel, man lasse sich nicht kaufen, das Abkommen bleibe schlecht.